Erklärung der Grundorganisation Tirol der Partei der Arbeit Österreichs, Innsbruck, 17. März 2020
In den letzten Tagen wurden wir mit immer mehr erschreckenden Details der Politik der Tiroler Landesregierung von ÖVP und Grünen konfrontiert. Diese Details bestätigen auf Punkt und Beistrich das von unserem Parteivorsitzenden Tibor Zenker auf der letzten Sitzung gehaltene Referat über Krankheit in der kapitalistischen Klassengesellschaft.
Doch was ist passiert? Wie jetzt nach und nach bekannt wurde, wurde das Skigebiet Ischgl bereits am 5. März von Island als Hochrisikogebiet für die Ansteckung mit dem Coronavirus eingestuft, nachdem 14 Urlauber von dort mit einer entsprechenden Infektion in ihre Heimat zurückgekehrt waren. Die Tiroler Landesregierung wies das zurück, gestützt auf die Aussage einer Person, die behauptete, dass im Flugzeug eine bereits infizierte Person mitgeflogen wäre. Drei Tage später, am 8. März, wurde bekannt, dass sich ein Barkeeper in Ischgl mit dem Virus infiziert hatte. Bis zum 14. März waren fast alle Neuinfektionen in Tirol auf die Bar, in der der Barkeeper gearbeitet hatte, zurückzuführen. Die Landesregierung reagiert am 10. März mit der Schließung des Barbetriebes in Ischgl und wartete dann wiederum ab. Die Quarantäne für Ischgl wurde erst am 13. März, acht Tage nach der Warnung aus Island, durch die Verantwortlichen verhängt und alle ausländischen Touristen mussten in den Folgetagen abreisen. Die Realität war allerdings eine andere, die Hotels setzten die Touristen von einem Tag auf den anderen vor die Türe und die Polizei half, die rausgeworfenen Touristen auf den Rest Tirols umzuverteilen und neue Hotels zu buchen. Die Folge: Hunderte Touristen wurden in Unterkünften außerhalb Ischgls, vor allem im Großraum Innsbruck, untergebracht und reisten nicht wie angekündigt ohne Zwischenstopp ab. Der Skandal setzte sich allerdings fort: Der Liftbetrieb in den Tiroler Skigebieten ging bis zum 16. März weiter, die Folge waren unzählige Menschen, die auch weiter Skifahren gingen und sich einer potenziellen Gefahr der Ansteckung aussetzten. In der Zwischenzeit wurde bekannt, dass das Coronavirus von Ischgl nach ganz Europa exportiert wurde und in vielen Ländern Europas hunderte Ansteckungen auf Ischgl zurückzuführen sind. Aber damit endet der Skandal noch immer nicht: Als am 9. März die Skigebiete in Südtirol aufgrund der Epidemie geschlossen wurden, warben viele Nordtiroler Skigebiete um die aus Südtirol abreisenden Touristen damit, dass keine Grenzschließungen bzw. Schließung der Skigebiete in Sicht wären.
„Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. 10 Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf die Gefahr des Galgens.“ (Karl Marx, „Das Kapital“, Band 1, MEW 23, S. 788, Fußnote 250)
Dieses Zitat von Marx erscheint angesichts des nun bekannt gewordenen Skandals als wahrer denn je und der Staat, die Regierung, ist der Ausschuss, der ihre Interessen schützt und durchsetzt. Wie man anhand des Skandals sehen kann, auch auf Kosten der Gesundheit der ArbeiterInnenklasse und des Volkes. Keine Gefahr wird gescheut, um den Profit zu maximieren.
Auch ist in der aktuellen Krise viel vom #teamösterreich die Rede und vom nationalen Schulterschluss. Dass es dieses #teamösterreich nicht gibt, wird an diesem Skandal mehr als deutlich. Das macht aber auch die Kündigungswelle seit den Einschränkungen des öffentlichen Lebens durch die Regierung mehr als deutlich. Während Gastronomie, Tourismus und Liftbetreiber, bis es nicht mehr ging, versuchten, Profit zu machen, wurden seit letztem Freitag tausende Arbeiter und Angestellte gekündigt und auf die Straße gesetzt. Ganz zu schweigen von den Folgen für Künstler, freie Dienstnehmer, EPUs etc.
Als Partei der Arbeit in Tirol fordern wir juristische Untersuchungen des Vorgehens der Tiroler Landesregierung. Der einzige Ausweg, damit sich solche Krisen und Skandale in Zukunft nicht mehr wiederholen, ist der Sozialismus.