Die Gräben verlaufen zwischen oben und unten!

Stellungnahme des Parteivorstands der PdA, 25. Mai 2016
Wir sind – gemeinsam mit allen AntifaschistInnen in diesem Lande – froh darüber, dass der nächste Bundespräsident nicht ein deutschnationaler Burschenschafter ist. Wir waren auch der Meinung, dass es in dieser zugespitzten Situation trotz geringer politischer Schnittmenge notwendig und richtig war, für die Wahl von Alexander Van der Bellen aufzurufen. Er wird sicher in der Tradition des bürgerlich-republikanischen Österreich, wie es auch sein Vorgänger Heinz Fischer repräsentiert, im Sinne der antifaschistisch-demokratischen Verfassung Österreichs, die als Lehre aus den Jahren des NS-Verbrecherstaates entstanden ist, handeln.
Der Wahlerfolg von Alexander Van der Bellen ist zu einem beträchtlichen Teil jenen Wählern geschuldet, die ihn gewählt haben, nicht weil er sie politisch überzeugt hat, sondern um einen deutschnationalen, dem Neofaschismus zumindest nahestehenden Hofer zu verhindern.
Alexander Van der Bellen ist und bleibt ein politischer Verfechter des neoliberalen EU-Konstrukts der Konzerne und Generäle, das ganze Landstriche in Europa in die Armut gestürzt hat und an Krieg und Terror auf der ganzen Welt mitschuld ist. Viele, die gegen diese EU des Kapitals, der Konzerne und der Militärs sind, haben Van der Bellen trotzdem gewählt.
Es existieren im Rahmen der EU-Strukturen keine sozialen und demokratischen Reformspielräume. Ohne konsequente Klassenkämpfe und einen Bruch mit der EU und ihren Institutionen gibt es keine Möglichkeit einer gesellschaftlichen Wende und der Öffnung eines Weges jenseits von Kapitallogik, Ausbeutung und Imperialismus.
Van der Bellen wird in den nächsten sechs Jahren in seiner Funktion und mit seinem Amtsverständnis zugleich auch Teil des Establishments sein, das es zu bekämpfen gilt. Dieses Land ist tief gespalten, jedoch nicht so sehr entlang der Linie, wer wen wählt, sondern entlang der Frage, wer an der wirtschaftlichen, politischen und sozialen Entwicklung eines der reichsten Ländern der Welt teilhaben kann, und wer nicht.
Wir erinnern daran, dass etwa eine Million Menschen unter der Armutsgrenze lebt, dass fast eine halbe Million ohne Arbeit ist, dass die Wohnungsnot und mit ihr die Obdachlosigkeit im Ansteigen begriffen sind. Wir erinnern an zigtausende Jugendliche, die ohne Arbeit und Ausbildung sind, an hunderttausende alte Menschen, die trotz schwerer lebenslanger Arbeit in Armut leben müssen.
Wir treten dafür ein, dass die „einfachen Menschen“ sich wieder selbst organisieren, und es nicht irgendwelchen Stellvertretern überlassen, für sie zu sprechen. Wir treten für eine verstärkte Wahrung der Klasseninteressen der arbeitenden Menschen und aller Werktätigen ein. “Linke” Allerweltsbewegungen helfen da nicht. Nötig ist eine starke Bewegung der arbeitenden Menschen und aller Werktätigen, die selbsbestimmt und selbstbewusst für ihre Interessen eintritt.
Wir sollten gemeinsam die Gewerkschaften wieder zu einem Kampfinstrument ALLER Werktätigen machen, anstatt einer zahmen Klientelvereinigung für ein paar Besserverdiener und sozialpartnerschaftlichen Stütze des herrschenden Systems.
Eine neue Politik, wie sie der Bundeskanzler angekündigt hat, muss neue Rahmenbedingungen für qualitativ hochwertige und gutbezahlte Arbeitsplätze schaffen; sie muss dem Gemeinwohl und der Verbesserung der Infrastruktur, des Gesundheits- und Bildungswesens dienen; sie muss der Schaffung von leistbarem Wohnraum für alle dienen, sie muss sicherstellen, dass die Ergebnisse der gesteigerten Produktivität, des “digitalen Wandels” den arbeitenden Menschen und allen Werktätigen zukommen und nicht in den Taschen der Kapitaleigner landen. Eine neue Politik muss sicherstellen, dass in Österreich, einem der reichsten Länder der Welt, nicht mehr eine Million Menschen an oder unter der Armutsgrenze lebt.
Wir sollten uns weiterhin, stärker und geeinter noch als bisher als AntifaschistInnen der rechten Hetze und Demagogie entgegenstellen. Unsere Grenze verläuft zwischen den Klasseninteressen der Bourgeoisie und der Arbeiterklasse, zwischen den Gutsbesitzern und den Kleinbauern, zwischen den Konzernen und den kleinen Gewerbetreibenden, zwischen den Finanzkonzernen und dem größten Teil der Gesellschaft.
Wir brauchen eine Politik, die sich schützend vor die Errungenschaften der Werktätigen, vor die Einhaltung der Arbeitsgesetze und Kollektivverträge, vor die Bewahrung des Mietrechts, vor die errungenen demokratischen Rechte stellt. Wir brauchen eine Politik, die der Ausnützung von Zuwanderern für Lohndrückerei und Sozialabbau einen Riegel vorschiebt, und gleiche Rechte für alle hier lebenden und arbeitenden Menschen durchsetzt.
Wir treten dafür ein, dass allen Menschen, die im Sinne der Genfer Konvention Schutz vor Verfolgung suchen, in Österreich das Recht auf Asyl eingeräumt wird, und dass Menschen, die hier Aufnahme finden, auch arbeiten und unter menschenwürdigen Verhältnissen leben können.
Wir finden es beschämend und verlogen, dass sich SPÖ (und in Wien auch die mitregierenden Grünen) mit vollkommen absurden Inseratenzuwendungen und Förderungen einerseits als Financier und Förderer der unwürdigsten Hetzblätter unter den Zeitungen hergeben und andererseits so tun, als gäbe es diesen Zusammenhang nicht.
Wir treten für ein Österreich ein, das sich überall in der Welt an die Seite der Schwachen und Bedrängten stellt, das solidarisches Miteinander auf gleicher Augenhöhe als Prinzip der Völkerverständigung forciert, und das nicht Teil der Supermacht EU-Europa ist.
Wer den Menschen die ganze Wahrheit zumuten will, muss auch dazusagen, dass Länder wie Syrien, Irak und Libyen von den imperialistischen Mächten USA und EU bewusst zerstört und in Bürgerkriege gehetzt wurden, um deren Rohstoffe, Arbeitskräfte und Intellektuelle besser ausbeuten zu können. Die imperialistischen Rüstungskonzerne sind die Hauptprofiteure dieser Kriege, und die massenhafte Flucht nach Europa deren logisches Ergebnis. Dass dabei tausende und abertausende von Menschen im Mittelmeer und anderweitig auf der Flucht sterben, ist den Imperialisten in Wahrheit vollkommen egal.
Erdogan führt Krieg gegen das eigene Volk, verfolgt und kriminalisiert die Opposition und lässt sie einkerkern, schaltet, auch mithilfe der türkischen Sozialdemokraten, das Parlament aus. Diesen Erdogan unterstützt die EU mit ihren Ablasszahlungen und hofft, dass er dafür Hilsbedürftigen und Schutzsuchenden den Weg in das reiche Europa versperrt.
Eine politische Wende ist nötig und überfällig: Der große Reichtum Österreichs muss allen hier lebenden Menschen zugute kommen, muss allen hier lebenden Menschen Arbeit und ein ordentliches Auskommen ermöglichen.
Die Gräben verlaufen zwischen oben und unten!
Sie sind nicht zuzuschütten, sondern zu planieren, durch Umverteilung und eine soziale Politik!

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