110 Jahre nach Beginn des Ersten Weltkrieges

Erklärung des Parteivorstandes der Partei der Arbeit Österreichs (PdA), Wien, 28. Juli 2024

1. Vor genau 110 Jahren, am 28. Juli 1914, begann der Erste Weltkrieg durch die Kriegserklärung Österreichs gegenüber Serbien. Die österreichische Armee führte hierbei mit Unterstützung Deutschlands und der Türkei einen imperialistischen Agressionskrieg, durch den bisherige Herrschaftsgebiete abgesichert und neue erobert werden sollten. Außerdem sollten auch die imperialistischen Hauptkonkurrenten der Mittelmächte – Russland, Großbritannien, Frankreich und Italien – nach Möglichkeit geschwächt werden.

2. Neben politischen Interessen der Regierungen in Wien, Berlin und Istanbul, spielten auch wirtschaftliche Ziele eine entscheidende Rolle. Der Monopolkapitalismus hatte sich als Weltsystem entfaltet, die Großmächte konkurrierten daher gesetzmäßig auch um den Zugang zu Rohstoffen, um Transportrouten, um Marktanteile, um Investitionsmöglichkeiten und billige Arbeitskräfte sowie um die territoriale Neuaufteilung der Welt.

3. Vor diesem Hintergrund führte keine der imperialistischen Großmächte einen „gerechten Krieg“. Allen ging es um Einflussgebiete, Macht, Kolonien, militärische und wirtschaftliche Stützpunkte, um Ressourcen und Finanzen. Im Mittelpunkt unserer Betrachtungen stehen jedoch vorrangig die Interessen, Ziele, Taten und die Rolle Österreichs.

4. Durch den österreichisch-ungarischen Ausgleich und die Schaffung der österreichisch-ungarischen Monarchie 1867 wurden diese beiden Nationen innerhalb des Reiches bevorteilt. Andere – darunter Tschechen, Slowaken, Rumänen, Polen, Ukrainer, Italiener, Slowenen, Kroaten, Bosniaken und Serben – waren unterdrückte Nationen, Nationalitäten oder Volksgruppen, denen ihr Recht auf Selbstbestimmung verwehrt blieb. Vor allem von slawischer Seite gab es Widerstand gegen die österreichische und ungarische Vorherrschaft.

5. Unter der andauernden Herrschaft des Hauses Habsburg – als Kaiser von Österreich und König von Ungarn – gab es unzureichende Demokratisierungsschritte. In Österreich wurde erst 1907 ein formelles allgemeines Wahlrecht für Männer eingeführt, in Ungarn blieb das Zensuswahlrecht bis zuletzt bestehen. Dies bedeutete de facto die fortgesetzte Vorherrschaft des Adels, des Großgrundbesitzes und des Kapitals. Die Arbeiterbewegung in Österreich kämpfte nicht nur für tatsächliche Demokratie, sondern auch für den Sozialismus.

6. So waren auch innere Konflikte Österreichs bzw. Österreich-Ungarns ein Mitgrund für den Ersten Weltkrieg. Im Rahmen des Krieges konnten demokratische und nationale Bewegungen verstärkt unterdrückt werden. Ein indirektes Kriegsziel bestand in der Konsolidierung der österreichisch-ungarischen Vorherrschaft sowie der Kräfte des Kapitalismus und Grundbesitzes.

7. Im Verlauf des Krieges standen rund acht Millionen österreichische Soldaten unter Waffen. Etwa eineinhalb Millionen Soldaten fielen in den Kämpfen, zwei Millionen wurden verwundet, 1,7 Millionen gerieten in Kriegsgefangenschaft. Von österreichischer Seite wurde der Krieg mit aller Unerbittlichkeit geführt: Die Armee machte sich schwerer Kriegsverbrechen gegenüber gegnerischen Soldaten und gegenüber der Zivilbevölkerung schuldig, vor allem in Serbien und am restlichen Balkan, aber auch an der österreichisch-italienischen Front wurde beispielsweise Giftgas eingesetzt.

8. Für den österreichischen Imperialismus und seine Verbündeten endete der Krieg mit einer Niederlage, die Kriegsziele wurden nicht erreicht: Die anderen imperialistischen Führungsmächte – Großbritannien, Frankreich und die USA – erwiesen sich als stärker. Für die österreichischen Kronländer hatte die Kriegsniederlage gravierende Folgen.

9. Der Vielvölkerstaat der Habsburger zerfiel in seine Einzelteile, die zuvor unterdrückten Nationen bzw. Volksgruppen bildeten gemäß dem Selbstbestimmungsrecht der Nationen eigene Nationalstaaten oder schlossen sich solchen an. Im Oktober 1918 wurde in Österreich die Monarchie abgeschafft und die Erste Republik gegründet. Die Friedensverträge von Saint-Germain (für Österreich) und Trianon (für Ungarn) beinhalteten jedoch auch Bestimmungen – nicht zuletzt territoriale –, die als Grundlage weiterer Konflikte des 20. und 21. Jahrhunderts dienten und die teilweise bis heute bestehen.

10. Aufgrund der Kriegsfolgen und anhaltender sozialer Missstände kam es in Österreich wie in Ungarn 1918 und 1919 zu revolutionären Bestrebungen in der Arbeiterklasse. Während es in Österreich die Sozialdemokratische Partei war, die die revolutionäre Bewegung durch falsche Versprechungen und Irreführung abwürgte, kam es in Ungarn (inklusive des heute österreichischen Burgenlandes) zur Etablierung einer sozialistischen Räterepublik. Die Rote Armee der Ungarischen Räterepublik, an deren Verteidigung sich auch österreichische Freiwillige beteiligten, wurde durch die konterrevolutionäre „Nationalarmee“ sowie ausländische Interventionstruppen besiegt, die Revolution niedergeschlagen und die revolutionären Kräfte durch den weißgardistischen Terror verfolgt.

11. In Österreich nahm die politische Entwicklung, nach den Jahren sozialdemokratischer Sozialreformen bis 1920, eine vermehrt autoritäre Richtung ein. Schließlich kam es, nach der Niederschlagung des bewaffneten Widerstandes von Teilen der Arbeiterklasse 1934, zur Errichtung einer faschistischen Diktatur. Noch vor Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde Österreich 1938 durch NS-Deutschland annektiert, das eine faschistische Régime musste einem anderen weichen. Auf diese Weise nahmen österreichische Soldaten in den Reihen der deutschen Wehrmacht am verbrecherischen Vernichtungskrieg und am Genozid des Hitler-Regimes teil. Auch diese imperialistische Agression endete 1945 mit einer Niederlage.

12. Mit den Erfahrungen aus beiden Weltkriegen stellen wir fest, dass der Imperialismus als System nicht friedensfähig ist. Die imperialistischen Staaten führen „kleine Kriege“ in Permanenz und entfesseln immer wieder große, was in der imperialistischen Konkurrenz begründet ist. Auch heute geht die größte Kriegsgefahr von den imperialistischen Großmächten – allen voran von der Hegemonialmacht USA – sowie westimperialistischen Bündnissen wie NATO oder EU aus. Auf der Gegenseite sind v.a. China, aber auch Russland und weitere aufkommende Mächte an einer Neuaufteilung der Machtverhältnisse gemäß der ungleichmäßigen kapitalistischen Entwicklung interessiert. Wir ziehen daraus den Schluss, dass der Imperialismus als Weltsystem überwunden werden muss, um imperialistische Kriege hinkünftig zu verunmöglichen. Wir lehnen imperialistische Herrschaftsinstrumente wie die NATO, die EU, den IWF oder die Weltbank ab. Wir bekennen uns zum Antiimperialismus und Antimilitarismus.

13. Der Imperialismus ist aber nicht einfach eine Methode der militärischen Großmachtspolitik, sondern die höchste Entwicklungsstufe des Kapitalismus. Im kapitalistischen Imperialismus herrschen die Banken, Konzerne und Militärs, wird mittels Kapitalexport, Interventionen und Okkupationen um Einflusssphären gerungen, werden ganze Völker versklavt und ausgebeutet – und der Grund dafür ist ein einziger: das kapitalistische Streben nach maximalem Profit. Wir sind uns daher der Tatsache bewusst, dass nur die Überwindung des Kapitalismus und die Errichtung einer klassenlosen Gesellschaft zu einer Welt führen werden, in der nicht nur Kriege, sondern auch Ausbeutung und Unterdrückung, Arbeitslosigkeit und Armut unbekannt sind. Wir nehmen zur Kenntnis, dass der Versuch der Errichtung sozialistischer Gesellschaften in der UdSSR und nach 1945 in einigen österreichischen Nachbarländern und ehemaligen Kronländern in Osteuropa aus unterschiedlichen Gründen gescheitert ist. Daraus ziehen wir unsere aufrichtigen Lehren, um hinkünftig Fehler zu vermeiden. Aus der Entwicklung seit 1989 ziehen wir jedoch die Lehre, dass der Kapitalismus und der Imperialismus der Menschheit nicht mehr zu bieten haben als systematisch schlechte Lebensbedingungen in den Bereichen Arbeit, Soziales, Bildung, Gesundheit, Wohnen und anderen. Und wir sehen auch, dass heute, 110 Jahre nach Beginn des Ersten Weltkrieges, die Welt wieder vor der Möglichkeit steht, durch die Kräfte des Kapitalismus, Imperialismus und Faschismus in einen neuen Krieg globalen Ausmaßes gezogen zu werden – nicht zuletzt der gegenwärtige Ukrainekrieg markiert eine evidente diesbezügliche Gefahr. Wir bekennen uns daher zum Antikapitalismus, zum revolutionären Klassenkampf für den Sozialismus, der durch die marxistisch-leninistische Partei geführt wird.

14. Der Erste Weltkrieg entlarvte zudem den vollen opportunistischen, sozialimperialistischen und konterrevolutionären Charakter der Sozialdemokratie, weswegen es damals notwendig war, den revolutionären Teil der Arbeiterbewegung auf eine eigenständige organisatorische Grundlage zu stellen. Wir stehen in diesem Sinne in der Tradition der am Ende des Ersten Weltkrieges und danach geschaffenen kommunistischen Weltbewegung, der bolschewistischen Kommunistischen Internationale und der früheren marxistisch-leninistischen Kommunistischen Partei in Österreich. – Die Partei der Arbeit Österreichs erklärt hiermit, dass sie ihren Kampf für demokratischen und sozialen Fortschritt, für die Rechte der Arbeiterklasse und der unterdrückten Völker, für eine gerechte Gesellschaft jenseits des Kapitalismus und nicht zuletzt für den Frieden verstärken wird. Für diese Zwecke setzen wir auf Internationalismus und Zusammenarbeit sowie auf die kämpferischen Traditionen, die wiederzugewinnende Stärke und den Freiheitswillen der österreichischen Arbeiterklasse und unterdrückten Volksschichten.

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