Wien, 13. Februar 2025
Die neuerliche Ausladung der Russischen Föderation von den Befreiungsfeiern in Mauthausen ist eine Schande für Österreich!
Offener Brief der Partei der Arbeit Österreichs an das Mauthausen-Komitee Österreich
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wie wir erfahren haben, wird die Russische Föderation auch dieses Jahr wieder nicht zu den Befreiungsfeiern auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Mauthausen eingeladen. Diese Entscheidung ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar.
Russland ist völkerrechtlich gesehen der Nachfolgestaat der Sowjetunion. Bei der Auflösung des Staatsgebildes der Sowjetunion ist Russland in alle Rechte und Pflichten eingetreten und wird allgemein als Nachfolgestaat akzeptiert und angesehen. Das betrifft etwa auch die Übernahme des ständigen Sitzes im UN-Sicherheitsrat.
Mit dem KZ Mauthausen und seinen Nebenlagern verbinden die Menschen in Russland und den anderen ehemaligen Teilrepubliken der Sowjetunion finstere Erinnerungen. „Mauthausen mit seinen Außenlagern war für seine unmenschlichen Bedingungen besonders berüchtigt. Diesen Bedingungen sowie gezielten Mordaktionen fielen bis 1945 mindestens 90.000 der insgesamt dort eingesperrten 190.000 Häftlinge zum Opfer, darunter mehr als 30.000 sowjetische Häftlinge. Von allen Häftlingsgruppen wurden sowjetische Kriegsgefangene am schlimmsten behandelt“ schreibt der Botschafter der Russischen Föderation in Österreich, Dmitrij Ljubinskij, in einem Beitrag für die Berliner Tageszeitung Junge Welt vom 1. Februar 2025. Erinnert sei in diesem Zusammenhang auch an den Ausbruch von etwa 500 sowjetischen Offizieren und Soldaten, der in der bestialischen „Mühlviertler Hasenjagd“ mündete, die nur 11 Personen überlebten oder an die barbarische Ermordung des Generalleutnants der Roten Armee, Dmitri Karbyschew in Mauthausen.
So wenig wie man Russland als Nachfolgestaat der Sowjetunion heute die nötige Ehrerbietung für die Befreiung erweist, so wird die Ukraine als einer der Nachfolgestaaten der Sowjetunion hervorgehoben. In der Ukraine werden heute jedoch nicht die Befreier vom Faschismus verehrt, sondern die Faschisten. Im ganzen Land wurden seit 2014 tausende Statuen und Gedenktafeln für Stepan Bandera und andere Faschistenführer aufgestellt, die hauptsächlich aus Ukrainern gebildete SS-Division Galizien verehrt, und die Juden- und Polenmörder von damals werden als Helden angesehen. Der 9. Mai, der Tag des Sieges über den deutschen Faschismus, darf heute in der Ukraine nicht mehr gefeiert werden. Ebenso wenig wie in Estland, Lettland oder Litauen. Diese Staaten sind die fleischgewordene Geschichtslüge.
Wir wissen schon, dass von Ihnen als Begründung für die Ausladung Russlands der Krieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine angeführt wird. Man begibt sich durch diese einseitige Schuldzuweisung in die Gesellschaft der Kriegshetzer und Propagandisten, die bewusst von der Schuld der USA, der NATO und der von ihnen gesteuerten ukrainischen Eliten am Ausbruch des Krieges ablenken. Stattdessen sollten alle Menschen guten Willens gemeinsam daran arbeiten, diesen Krieg so rasch wie möglich zu beenden.
Uns ist nicht bekannt, dass andere Staaten von den Befreiungsfeiern ausgeschlossen worden wären, weil sie Kriege führten. Hat man etwa die USA und die beteiligten europäischen NATO-Staaten vor 30 Jahren ausgeladen, weil sie einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien führten? Oder weil der Irak, Libyen und Afghanistan überfallen wurden? Hat man Israel ausgeladen, weil es in den letzten 15 Monaten einen Vernichtungskrieg gegen die Bevölkerung des Gaza-Streifens führt? Oder weil Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und der frühere israelische Verteidigungsminister Yoav Galant vom Internationalen Strafgerichtshof wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit per Haftbefehl, den auch Österreich vollstrecken müsste, gesucht werden?
Niemand wird ausgeladen, außer die Russische Föderation.
Wir betrachten die Entscheidung des MKÖ als eine Schande für Österreich. 26.000 Soldaten der Roten Armee fielen für die Befreiung Österreichs vom Nazi-Faschismus. Ihnen gegenüber – ebenso wie den 30.000 sowjetischen Todesopfern in Mauthausen und seinen Nebenlagern – ist die Entscheidung des MKÖ ein Akt der Respektlosigkeit.
Sie heften sich heute die Oberhoheit über das Gedenken an die Opfer des Faschismus an die Brust und maßen sich an, das Volk, das die größten Opfer zu bringen hatte, um das Nazi-Régime zu zerschlagen, von den Befreiungsfeiern ausgerechnet am 80. Jahrestag der Befreiung auszuladen. Sie sollten sich schämen!
Mit freundlichen Grüßen,
Tibor Zenker, Vorsitzender
Otto Bruckner, stellvertretender Vorsitzender
Für den Parteivorstand der Partei der Arbeit Österreichs