Erklärung des Parteivorstandes der Partei der Arbeit Österreichs (PdA) zum Nationalfeiertag, Wien, 26. Oktober 2020
Der österreichische Nationalfeiertag erinnert an den Beschluss des Neutralitätsgesetzes im Nationalrat vor genau 65 Jahren, am 26. Oktober 1955. Dieses Gesetz stellte damals eine Ergänzung und eine Bedingung des Staatsvertrages von Wien vom 15. Mai 1955 und des vollständigen Abzugs der US-amerikanischen, britischen, französischen und sowjetischen Armeen vom österreichischen Staatsgebiet dar. Damit war, zehn Jahre nach der Befreiung von Faschismus und deutscher Fremdherrschaft, Österreich wieder zur Gänze ein souveräner Staat. In diesem Sinne markiert das Jahr 1955 einen bedeutenden Schritt für die Selbständigkeit, Unabhängigkeit und Selbstbestimmung des österreichischen Volkes.
Doch soll nicht vergessen oder übersehen werden, dass diese Selbständigkeit immer nur eine partielle war – und dass sogar diese bedroht war und ist. Zum einen bleibt die staatspolitische Selbständigkeit im Rahmen des Kapitalismus und Imperialismus insofern immer begrenzt, als die mächtigsten imperialistischen Staaten Europas und der Welt – und in dieser Hinsicht nicht zuletzt die USA und die BRD – Mittel und Wege haben, v.a. wirtschaftlichen, aber auch politischen und diplomatischen, im Zweifelsfall militärischen Druck auf kleinere Staaten wie Österreich auszuüben und Einfluss zu nehmen. Zum anderen wurden durch Österreichs Mitgliedschaft in der EU wichtige Souveränitätsrechte abgegeben, die innerhalb der EU wiederum von deren Führungsmächten maßgeblich übernommen werden. Und dahinter stehen schlussendlich die Interessen des europäischen Monopolkapitals, das die wahre Macht ausübt.
Ähnlich verhält es sich mit der österreichischen Neutralität. Im Jahr 1955 hat das Neutralitätsgesetz, maßgeblich von der UdSSR forciert, Österreich immerhin davor bewahrt, direkt in die NATO integriert, Stützpunkt für deren Truppen und US-amerikanische Atomwaffen, ein unmittelbares Aufmarschgebiet für den „Kalten Krieg“ der USA und des imperialistischen Westblocks Europas gegen die UdSSR und die sozialistischen Staaten zu werden. Doch natürlich war der bürgerliche und kapitalistische Staat Österreich im Systemgegensatz zwischen dem Kapitalismus-Imperialismus und dem Sozialismus niemals wirklich neutral, denn eine solche Neutralität gibt es nicht, kann es nicht geben. Inoffiziell war Österreich natürlich immer Teil des Westblocks und dessen Strategien.
Seit dem Ende der UdSSR und der sozialistischen Staaten in Europa wurde Österreichs Neutralität zudem massiv ausgehöhlt – es bleibt nur noch eine formelle Paktfreiheit, wenngleich selbst diese durch Österreichs Mitgliedschaft in der NATO-„Partnerschaft für den Frieden“ in Zweifel gezogen wird. Mit der EU-Entwicklung in Richtung eines umfassenderen imperialistischen Bündnisses nahm diese vermehrt Charakterzüge eines Militärbündnisses an, zuletzt durch die PESCO-Implementierung, was mit Neutralität im eigentlichen Sinn kaum zu vereinbaren ist. Die Ergebnisse sind bekannt: Die Rolle Österreichs z.B. im Kosovo-Krieg oder gegenwärtig im Rahmen der NATO-Kriegstreiberei gegenüber Russland, aber auch in Bezug auf einige imperialistische Interventionen im Nahen und Mittleren Osten oder in Afrika, und nicht zuletzt als Besatzungsmacht am Balkan spricht eine deutliche Sprache: Die Herrschenden in Österreich, die etablierten Parteien, das Monopolkapital und die Militärs erachten die Neutralität als de facto obsolet.
Es ist durchaus angebracht, von der österreichischen Regierung die Einhaltung des Neutralitätsgesetzes zu verlangen oder gar eine aktive Neutralitätspolitik im Sinne von Initiativen für friedliche Konfliktlösungen zu fordern – doch man sollte dies nicht tatsächlich erwarten, denn das ist eine Illusion. Ausnahmslos alle Parlamentsparteien bekennen sich zur EU und ihrer Militarisierung sowie zur NATO-PfP. Wer eine andere österreichische internationale Politik möchte, muss mit solchen Illusionen und mit den herrschenden imperialistischen Parteien brechen.
Eine wirklich positive Rolle wird Österreich in der internationalen Politik, in der Friedenssicherung und in der Völkerverständigung nur dann spielen können, wenn die inneren Grundbedingungen radikal verändert werden: Hierfür braucht es eine antimilitaristische und antiimperialistische Volksbewegung unter Führung der revolutionären Arbeiterklasse, die sich in klarer Opposition zur EU und NATO aufstellt, die sich gegen imperialistische Interventionen und Okkupationen engagiert, die sich für das Selbstbestimmungsrecht der Völker einsetzt. Es braucht eine Bewegung, die sich zur Herstellung der vollständigen Unabhängigkeit und Selbstbestimmung Österreichs bekennt und auch bereit ist, einen eigenen Entwicklungsweg zu verteidigen. Und dies kann nur eine Bewegung sein, die auch die eigenen herrschenden „Eliten“ in Politik und Wirtschaft entmachten will – und dies auch durchführen kann. Für den Aufbau einer solchen Volksopposition, die im Kern eine kämpferische Arbeiterfront benötigt, die mit der Macht der Konzerne, Banken und Militärs, des Finanzkapitals und der Monopole, ihrer Institutionen, Bündnisse und Parteien bricht, wirkt die Partei der Arbeit Österreichs.
Erst mit dem Sieg einer solchen Bewegung, die auf der antiimperialistischen und antimonopolistischen gesellschaftlichen Bündnispolitik der organisierten Arbeiterklasse beruht, wird es in Österreich nachhaltig möglich sein, einen progressiven Entwicklungsweg einzuschlagen, auf revolutionäre Weise ein sozialistisches Österreich ohne Unterdrückung, Ausbeutung und Krieg zu schaffen – und gleichzeitig entsprechende internationale Beziehungen mitaufzubauen, die allen Völkern und der ganzen Welt einen solchen Entwicklungsweg ermöglichen.
Gegen Imperialismus, Militarismus und Krieg!
Für wirkliche Selbstbestimmung und Unabhängigkeit!
Für Frieden, Demokratie und Sozialismus!