Zwei Jahre imperialistischer Krieg in der Ukraine

Erklärung der Europäischen Kommunistischen Aktion (EKA): „Zwei Jahre imperialistischer Krieg in der Ukraine – Die Erfahrungen und Schlussfolgerungen der Kommunistinnen und Kommunisten“, Istanbul, 23. Februar 2024

Wir, die kommunistischen und Arbeiterparteien, die die Europäische Kommunistische Aktion bilden, sind auf der im zweiten Jahr des imperialistischen Krieges in der Ukraine organisierten Konferenz zusammengekommen, um die Erfahrungen und Schlussfolgerungen der Kommunistinnen und Kommunisten in der Periode, die wir hinter uns gelassen haben, zu bewerten.

Am 17. Februar, im Anschluss an die Konferenz, die von der Kommunistischen Partei der Türkei in Istanbul ausgerichtet wurde, erklären wir, dass wir mit folgendem gemeinsamen Ansatz und folgender Haltung handeln:

1. Der imperialistische Krieg in der Ukraine hat zu Tausenden von Todesopfern geführt. Millionen wurden gezwungen, ihre Heimat und ihr Land zu verlassen. Dieser imperialistische Krieg ist eine Folge der Bedingungen, die nach der Auflösung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken entstanden sind und die tragische Folgen für die Arbeiterklassen auf der ganzen Welt haben. Es war der Sturz des Sozialismus, der den Boden für diesen Krieg bereitete, in dem das Blut zweier Völker vergossen wird, die jahrzehntelang gemeinsam am Aufbau einer neuen Gesellschaft auf sozialistischer Grundlage gearbeitet haben, die Schulter an Schulter gegen den Faschismus gekämpft und ihn in die Knie gezwungen haben.

2. Der wichtigste Faktor, der den Konflikt auf diesem Boden anheizt, ist der Kampf der Kapitalisten um die Plünderung aller unterirdischen und oberirdischen Quellen des von den Arbeitern produzierten Reichtums. Die Wurzeln dieses Konflikts sind die Konkurrenz und die Widersprüche innerhalb des imperialistischen Systems als Ganzes, die sich in diesem Fall in der Osterweiterung der NATO und der EU und dem Bestreben der russischen Bourgeoisie, neue Organisationsformen kapitalistischer Staaten auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR zu errichten, ausdrücken.

3. Die Konkurrenz innerhalb des imperialistischen Systems verschärft sich, und die Widersprüche vertiefen sich. Die Versuche der USA, der EU und ihrer Verbündeten, ihre eigenen Interessen auf der internationalen Bühne gegen das kapitalistische Russland und die Russland unterstützenden Länder durchzusetzen, dauern schon seit Jahren an. In den letzten zwei Jahren hat es die Form eines imperialistischen Krieges in der Ukraine angenommen. Die zunehmende Konkurrenz gilt den Rohstoff- und Energieressourcen, den geostrategischen Grundlagen und den Transportwegen in der Region.

4. Vom ersten Tag des Krieges an hat die russische Führung ihre militärische Intervention in der Ukraine damit begründet, dass die oben erwähnte Expansion die Sicherheit Russlands bedroht. Unabhängig davon, ob diese Bedrohung begründet ist oder nicht, kann sie nicht als Rechtfertigung für die Verletzung der bestehenden Grenzen und neues Blutvergießen unter den Völkern dienen. Die Diskussionen, die initiiert wurden, um die bestehenden Grenzen anzufechten, zielen hauptsächlich darauf ab, Vorwände zu schaffen, die eine imperialistische Aggression legitimieren, und müssen zurückgewiesen werden. Außerdem müssen sich unsere Parteien daran erinnern, dass „Sicherheitsinteressen“ seit Jahren von den USA, der EU und der NATO als Rechtfertigung für blutige Operationen in zahllosen Ländern, für Interventionen und Besetzungen in Territorien unter der Souveränität dieser Länder verwendet werden.

5. Die Protagonisten des Krieges sind nicht die Völker der beiden Länder, sondern ihre Kapitalistenklasse. Die Darstellung des Krieges als Krieg zwischen der Ukraine und Russland verschleiert die wahren Akteure des Krieges und erschwert es, seinen Klassencharakter zu verstehen. Der laufende Krieg wird zwischen der russischen Kapitalistenklasse und ihren Verbündeten auf der einen Seite und der ukrainischen Kapitalistenklasse, den USA, der EU und der NATO auf der anderen Seite geführt.

6. Der Krieg, der auf dem Territorium der Ukraine geführt wird, ist kein antiimperialistischer oder antifaschistischer Krieg, wie von der Führung des kapitalistischen Russlands und seinen Apologeten behauptet wird – eine Tatsache, auf die unsere Parteien von Anfang an hingewiesen haben und die in den letzten zwei Jahren mehrfach bewiesen wurde. Obwohl die russische Führung behauptet, dass ihr Hauptziel bei der Fortsetzung des Krieges die Entnazifizierung der Region ist und darauf abzielt, die Belagerung durch den westlichen Block zu durchbrechen, ist es klar, dass die Hauptmotivation dahinter der Schutz der Interessen der russischen Kapitalistenklasse in der weiteren Region ist. Außerdem haben die Werte, die das heutige Russland kennzeichnen, nichts mit denen der Sowjetunion zu tun, die den Faschismus besiegt hat. Das kapitalistische Russland hat der Menschheit gegenüber dem euro-atlantischen Imperialismus nichts zu bieten. Die Sowjetunion war die Hauptstütze des Kampfes der Völker für Frieden und Sozialismus, während die Führung des heutigen Russlands Erklärungen darüber abgibt, ob eine Nation existiert oder nicht, und behauptet, dass es ein Volk wie das ukrainische nicht gibt.

7. Eines der wichtigsten Elemente, die den Klassencharakter dieses Krieges zeigen, ist der Antikommunismus, der in der Region absichtlich geschürt wird. Die Aktivitäten der faschistischen Kräfte in der Ukraine und ihre Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die Verbote und die Verfolgung von Kommunistinnen und Kommunisten gehen weiter. Die russische Führung hingegen verdreht wissenschaftliche und historische Fakten, um ihre strategischen Pläne zu rechtfertigen, und tritt der sozialistische Vergangenheit Russlands mit falschen und verzerrten Behauptungen über Lenin, Stalin und die Politik der Sowjetunion entgegen. Unsere Parteien werden weiterhin mit aller Kraft gegen die von allen Kriegsakteuren geschürte antikommunistische Hysterie kämpfen, um die Solidarität mit den ukrainischen und russischen Kommunistinnen und Kommunisten zu stärken und nicht zuzulassen, dass das Erbe des Sozialismus beschmutzt wird.

8. Darüber hinaus rufen unsere Parteien, die an der Spitze des Kampfes gegen ausländische Stützpunkte und die Entsendung von Truppen und militärischer Ausrüstung ins Ausland stehen, die Arbeiter, die die Widersprüche sehen, die innerhalb der imperialistischen Blöcke und Organisationen zum Ausdruck kommen, dazu auf, kein Vertrauen in die Erklärungen zu haben, dass eine „multipolare Welt“ angeblich diesen oder irgendeinen anderen imperialistischen Krieg beenden könnte und zu einer friedlichen Welt führen würde ohne den Umsturz des kapitalistischen Systems, das die Ursache der imperialistischen Kriege ist.

9. Der Krieg auf dem Territorium der Ukraine birgt ebenso wie die imperialistischen Pläne im Roten Meer, in Südostasien usw. die Gefahr, dass sich der Krieg schnell auf ein globales Ausmaß ausweitet. Indikatoren wie die zunehmenden Spannungen im Schwarzen Meer, der Vorschlag des NATO-Generalsekretärs an die europäischen Länder, ihre Waffenproduktion mit Bezug auf den Krieg in der Ukraine zu erhöhen, und die NATO-Übungen, die an Umfang und Ausmaß zunehmen, sind in dieser Hinsicht wichtig und weisen auf die Eskalation der militärischen Konfrontation hin.

10. Diese Entwicklungen erlegen uns als kommunistische und Arbeiterparteien der europäischen Länder, die sich auf verschiedenen Ebenen im Einflussbereich dieser Spannung befinden, die Aufgabe auf, die Völker unserer eigenen Länder vor der Gefahr eines regionalen oder allgemeineren imperialistischen Krieges zu warnen und zu mobilisieren und sich den Interessen und der Rolle der bürgerlichen Klassen unserer eigenen Länder in dieser Spannung entgegenzustellen.

11. Wir wählen nicht die eine Seite des Krieges gegenüber der anderen. Die Widersprüche innerhalb des imperialistischen Systems, die Konkurrenz und das Feilschen, die Hand in Hand gehen, die falschen Polarisierungen, die dazu dienen, den Klassenantagonismus unsichtbar zu machen, haben in der Praxis der letzten zwei Jahre wiederholt gezeigt, dass sie nichts im Interesse der arbeitenden Menschen bieten können; im Gegenteil, es ist klar geworden, dass eine Annäherung, die sich den von den Imperialisten benutzten Vorwänden unterwirft, einen Rückschritt von der revolutionären Position und das Entfalten einer klassenkompromittierenden Haltung bedeutet.

12. Unsere Parteien betonen, dass die wirkliche Wahl nicht zwischen den so genannten Polen innerhalb des imperialistischen Systems besteht, sondern zwischen den Werktätigen und der Kapitalistenklasse. Sie erinnern uns daran, dass der Kampf der Arbeiterklasse durch eine unabhängige Politik gestärkt werden kann, weit entfernt von allen bürgerlichen und imperialistischen Plänen, und dass die Völker sich durch ihren Kampf den imperialistischen Kriegen widersetzen müssen.

13. Dies ist unser Aufruf. Wir rufen nicht abstrakt zum Frieden auf, bei dem nicht klar ist, an wen er sich richtet, und der dazu dient, die Kapitalistenklasse und die Akteure des imperialistischen Systems zu entlasten. Für einen wirklichen Frieden rufen wir zum Kampf gegen die NATO, die EU und alle Arten von imperialistischen Organisationen und Bündnissen auf, die den Krieg weiter anheizen, wir weisen auf die Notwendigkeit hin, den Klassencharakter der kapitalistischen Bündnisse aufzudecken, und wir erklären, dass wir mit der Arbeiterbewegung und den Kommunistinnen und Kommunisten in diesen Ländern solidarisch sein werden.

14. Wir setzen den Kampf für den Abzug ausländischer Truppen und die Schließung von Stützpunkten in anderen Ländern, insbesondere der Truppen und Stutzpunkten der USA, fort, beginnend mit unseren eigenen Ländern. Wir handeln mit der Aufgabe, unsere Länder daran zu hindern, Teil der imperialistischen Pläne zu sein und diese umzusetzen, und sie aus imperialistischen Zusammenschlüssen wie der NATO und der EU herauszuholen, mit den Völkern als Herren in ihrem eigenen Land.

15. Angesichts dieses Krieges, der die Tendenz hat, sich zu verallgemeinern, erklären wir erneut, dass wir weiterhin die Stimme der Forderungen der arbeitenden Völker nach Frieden, sozialer Gerechtigkeit und Sozialismus sein werden und eine unerschütterliche Front gegen Nationalismus, Rassismus, Faschismus und Militarismus aufrechterhalten werden.

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