Korruption und Kapitalismus: Kommentar zur “Ibiza-Affäre”

Kommentar von Georgios Kolias, Stellvertretender Sekretär der Partei der Arbeit Österreichs
Es ist nun offiziell, es wird Neuwahlen geben. Somit ist mal fürs erste diese ÖVP-FPÖ-Regierung Vergangenheit. Aber wir erlauben uns noch ein Kommentar zur Affäre, die dazu geführt hat, denn offensichtlich wird diese in der nächsten Periode noch eine Rolle spielen. Diese Enthüllung zeigt, was schon längst bekannt sein sollte, dass nämlich die FPÖ nie die Partei des „einfachen Volkes“ und des „kleinen Mannes“ war, sondern im Interesse von Unternehmen agiert, ihre Unterstützung genießt und scheinbar korrupt ist. Die sogenannte „Ibiza-Affäre“ offenbart nicht nur Pläne dieser Partei, sondern auch ihren wahren Charakter: eine Partei des Kapitals zu sein. Es wird außerdem deutlich, dass die rassistischen, rechtsextremen, faschistischen politischen Kräfte nicht etwa Gegner des Systems sind, sondern im Gegenteil Teil dieses Systems sind. Sie werden unterstützt von diesem System und agieren im Interesse dieses Systems.
Aber wir dürfen nicht an der Oberfläche bleiben und uns von der „Entrüstungswelle“ der bürgerlichen Parteien und Medien mitreißen lassen. Die Scheinheiligkeit der anderen Parteien sollte man ihnen längst nicht mehr abkaufen können. Die Vorgehensweise – womöglich nicht in so grober und offensichtlicher Weise – gehört eigentlich zur Normalität des kapitalistischen Systems. Das politische System funktioniert ja mit der offenen oder geheimen Unterstützung und Finanzierung von Unternehmern, Konzernen und Banken. In Wirklichkeit hat die FPÖ nichts anderes gemacht, als alle anderen – nur offenbar ungeschickter. Die Korruption ist ein Produkt des Kapitalismus, der Herrschaft der Monopole. Sie ist sogar eine Notwendigkeit. Sie ist das Produkt der engen Verflechtung von Wirtschaft und Politik, und Ausdruck der Tatsache, dass große Monopolgruppen die Politik von Parteien und ganzen Ländern bestimmen können. Kapitalismus und bürgerliche Politik ohne Korruption und offene oder geheime Finanzierung von Parteien und Politik durch Unternehmen gab es nie und wird es auch nie geben. Diese können genauso legal wie illegal sein. Nur weil es legal ist und man sich sogar daran gewohnt hat, dass z.B. Ex-Kanzler und Ex-Minister hohe Posten in großen heimischen und ausländischen Unternehmen bekommen oder eigene Unternehmen gründen, dass Unternehmer Parteien oder andere Plattformen ganz legal finanzieren oder sogar eigene Parteien gründen, heißt das schon lange nicht, dass dies keine Korruption der Politik bedeutet. Eine Korruption, die damit zu tun hat, dass es offensichtlich eine tiefe Verflechtung zwischen Kapitalinteressen und dem politischen Parteiensystem sowie dem staatlichen Mechanismus selbst gibt. Daraus ergibt sich jede kapitalistische Politik im Grunde als korrupt, weil sie den Interessen der Wenigen gegen die Interessen der Mehrheit dient – und das natürlich für Gegenleistungen…
Dass die FPÖ wiedermal für Skandale sorgt und eine bestimmte besonders gefährliche Agenda verfolgt ist natürlich bezeichnend und das möchten wir keinesfalls unterschätzen. Aber der Skandal selbst ist vor allem für die offensichtliche Amateurhaftigkeit und Schamlosigkeit ihrer Spitzenfunktionäre bezeichnend. ÖVP und SPÖ haben größere Erfahrung und sind außerdem so lange etabliert, dass sie es sich nicht nötig haben, sich in so dubiosen Geschäften und Angeboten einzulassen. Dann gibt es auch Parteien, wie die NEOS, die sowieso offen für die großen Anliegen des Großkapitals eintreten und von diesem auch finanziert werden. Aber wie auch die Geschäfte dieser Parteien abgewickelt werden, also wie ihre Politik wirklich abrennt, das erfahren wir nur gelegentlich.
Denn die verschiedenen Skandale sind sowieso nur die Spitze des Eisbergs und wir erfahren sie nur deswegen, weil sich die Gegensätze zwischen bürgerliche Parteien, Kapitalfraktionen und imperialistischen Ländern sich so verschärfen, dass auch an die breite Öffentlichkeit einige Fetzen dessen ankommen, was hinter den Kulissen abläuft. So auch jetzt, denn niemand wird wohl ernsthaft behaupten können, dass der Zeitpunkt der Enthüllung, eine Woche vor den EU-Wahlen, etwa zufällig sei (vor allem wenn wir mittlerweile wissen, dass das Videomaterial nicht nur älter ist, sondern in gewissen Kreisen schon länger bekannt war) oder dass es sich hier bloß um eine Machtspielerei und kleinpolitischen Parteiinteressen handelt, und nicht etwa die Interessen großer Kapitalfraktionen und imperialistischer Länder auf dem Spiel stehen. Natürlich ändert dieser Hintergrund nichts an den Tatsachen. Aber er erlaubt uns zu verstehen, wie das Kapital seine Macht ausübt und wie es die öffentliche Meinung manipuliert.
Wenn heute versucht wird zwischen „guten“ und „bösen“ Kapitalisten zu differenzieren, wie etwa zwischen den „guten“ Kapitalisten Haselsteiner und den „bösen“ Kapitalisten, die die FPÖ unterstützen, oder zwischen den „sauberen“ bürgerlichen Parteien und der „schmutzigen“ FPÖ, dann muss die Arbeiterklasse und das Volk wachsam sein. Denn es gibt keine guten und bösen Kapitalisten und es kommt sicher nicht darauf an wer „sauberer“ oder „schmutziger“ unter den bürgerlichen Parteien ist. Skandale und Straftaten müssen definitiv aufgeklärt werden und die Verantwortlichen müssen auch entsprechend bestrafft werden. Aber sie dürfen auf keinen Fall das Volk von seinen wahren Interessen ablenken. Solche Skandale werden nämlich dafür benutzt, um das kapitalistische System und die bürgerlichen Parteien reinzuwaschen und ihren wahren Charakter zu vertuschen. Nicht nur die Oppositionsparteien, sondern selbst Kurz und die ÖVP finden darin Gelegenheit sich zu „entrüsten“ und sich ihrer Verantwortung zu entkleiden. Und wer weiß, künftig kann es auch dafür benutzt werden, um selbst die FPÖ reinzuwaschen, falls sie sich von einigen „Einzelfällen“ und „Ausrutscher“ distanzieren sollte. Deswegen darf sich das Volk in dieser falschen Wahl nicht reinziehen lassen. Leider scheinen die ersten Reaktionen genau in diesem Muster zu fallen. Besonders beunruhigend ist es dahingehend z.B., dass bei den Protesten vom Anfang an viele Fahnen der Europäischen Union wiedermal zu sehen waren. Die Fahne dieser imperialistischen Vereinigung darf bei Volkskundgebungen höchstens dann einen Platz haben, wenn sie symbolisch verbrannt werden soll. Die EU, die den Nationalsozialismus und Faschismus mit dem Kommunismus, der in Gestalt der Roten Armee den Faschismus in Europa bekämpft und besiegt hat, gleichsetzt, ist nicht nur kein Gegengewicht und Bollwerk gegen den Aufstieg des Rechtsextremismus, Rassismus, Nationalismus und Faschismus, sondern schürt diese sogar, wie man in der Ukraine oder am Balkan aber auch in den Mitgliedsstaaten selbst deutlich sehen kann.
Die Arbeiterklasse und die ärmeren Volkschichten in Österreich und Europa müssen ihren wahren Feind ins Visier nehmen. Denn der wirkliche Skandal ist das kapitalistische System selbst: dass Millionen von Menschen bluten müssen, damit ein Haufen Kapitaleigentümer ihre Profite wachsen sieht; dass die wirkliche Macht nicht in den Händen der Millionen von Werktätigen ist, sondern in den Händen der größten Unternehmen, Banken und Fonds; dass die materielle Produktion und menschliche Kreativität nicht den Bedürfnissen des Volkes dienen, sondern der weiteren Akkumulation des Kapitals. Es ist dieses System, das den verschiedenen (heimischen und ausländischen) „Oligarchen“ die Möglichkeit gibt, über die Schicksale des Landes und der Völker Europas und der Welt zu entscheiden. Es ist dieses System, dass Strache und Gudenus, aber auch Kurz und Rendi-Wagner sowie alle anderen bürgerliche Politiker dienen. Es ist dieses System, das wir zum Fall bringen müssen.

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