Von den Wiener Wahlen zum 2. Parteitag und darüber hinaus…
Eine der wichtigsten und umfassendsten Aktivitäten der PdA in den letzten Monaten war ihre Beteiligung an den Wiener Wahlen im Oktober 2015. Die Liste „PdA – Solidaritätsplattform“ ist in sechs Gemeindebezirken zur Bezirksvertretungswahl angetreten und hat dabei in Summe 441 Stimmen erreicht, in Prozentanteilen zwischen 0,10% und 0,18%. Man hätte sich bessere Ergebnisse wünschen können, doch schlussendlich entspricht dies eben den objektiven und subjektiven Möglichkeiten.
Wieder war – wie schon bei den vorherigen Wiener Wahlen – die SPÖ bemüht, sich als das kleinere Übel gegenüber der FPÖ zu inszenieren. Offenkundig findet sie selbst keine anderen Argumente mehr dafür, warum man der Sozialdemokratie noch eine Stimme geben sollte. Und so wurden die deutlichen Verluste der SPÖ erst wieder als Erfolg ge- und verkauft: Die rot-grüne Mehrheit steht, Häupl bleibt Bürgermeister. Die eintretende Selbstzufriedenheit der SPÖ ist allerdings die beste Garantie, dass es bei den Wahlen 2020 eine relative Mehrheit für die FPÖ geben könnte. Es gibt keine Anzeichen für ein entsprechendes selbstkritisches Bewusstsein in der SPÖ, wo es die Möglichkeit gäbe, mit den nötigen Maßnahmen gegenzusteuern. Dafür wird man dann aber das nächste „Duell um Wien“ ausrufen dürfen – und müssen.
Vor diesem Hintergrund war es auch 2015 schwierig, als radikale Alternative Fuß zu fassen – auch wenn wir dies bestimmt nicht vorrangig anhand von Wahlergebnissen zu bemessen haben. Viele Menschen haben – man muss fast sagen: gegen die eigene Überzeugung – abermals die SPÖ und die Grünen gewählt, um damit gegen die FPÖ zu votieren. Eine Alternative wie die PdA, deren Einfluss in jedem Fall gering bleiben würde, fällt da schnell unter den Tisch. Insofern sind jene 441 Stimmen für die PdA-Solidaritätsliste durchaus als sehr bewusste Stimmen für Klassenkampf, Arbeiterpolitik, Antiimperialismus und Antikapitalismus zu werten.
Nicht minder wichtig waren aber die eigenen Schwächen der PdA. Nachdem ursprünglich Kandidaturen in drei Bezirken angestrebt wurden, ergaben sich schlussendlich solche in gleich sechs Bezirken. Das ist ein Wert und ein Erfolg für sich, denn es bedeutet, dass die PdA für 500.000 Menschen am Stimmzettel stand. In diesen sechs Bezirken wurden über 300.000 Materialien an den Mann und die Frau gebracht – das ist eine beachtliche Zahl, die dem Einsatz vieler AktivistInnen zu verdanken ist, zeigt aber dennoch, dass wir natürlich nicht die personellen, materiellen, finanziellen Ressourcen hatten, um tatsächlich in allen sechs Bezirken im wünschenswerten und notwendigen Ausmaß Wahlkampf zu betreiben. Damit verbunden ist die Tatsache, dass viele Menschen im Zuge des Wahlkampfes erstmals mit der PdA in Kontakt kamen oder überhaupt von ihr gehört haben. Das ist gut. Aber besser wäre es gewesen, es wäre bereits in den eineinhalb Jahren vor den Wahlen gelungen, in einzelnen Regionen Wiens für eine grundlegende Bekanntheit der PdA gesorgt zu haben, auf der sodann aufzubauen wäre. Nun ist es gewissermaßen umgekehrt gelaufen: Wir haben als PdA an Bekanntheit gewonnen und Kontakte geknüpft – was ja auch das eigentlich „Wahlziel“ war –, worauf nun in den kommenden Monaten und Jahren aufzubauen ist. Dies verlangt kontinuierliche und beharrliche Arbeit der Grundorganisationen und der Leitungen. Die bemerkenswerte Wahlkampfaktivität darf kein Strohfeuer sein.
Ein positives Ergebnis des Wahlkampfes war die enge Zusammenarbeit mit den türkisch-kurdischen Organisationen, die z.T. bereits in der Gewerkschaftsorganisation KOMintern aktiv sind und nun gemeinsam mit der PdA die Liste „PdA – Solidaritätsplattform“ gebildet haben. Trotz gewisser Probleme, die hier und dort auftauchten, war diese Zusammenarbeit ein Gewinn für unsere Aktivitäten und wird, so ist zu hoffen, auch für die Zukunft etwas sein, was die klassenkämpferischen, klassenorientierten Kräfte in Wien und darüber hinaus nicht nur befruchtet, sondern ihnen sogar Identität und zusätzliches Potenzial gibt. Auch die KJÖ war in erfreulicher Weise aktiv im Wiener Wahlkampf, womit sich abermals gezeigt hat, dass der marxistisch-leninistische Nachwuchs in Wien nicht nur existiert, sondern sich engagiert, kreativ und v.a. in relevanter Zahl einbringt. Freilich, die allgemeine Schwäche der ML-Kräfte in Österreich betrifft in mancher Hinsicht auch die Jugendorganisationen KJÖ und KSV, doch sind unzulässige Vergleiche mit vergangenen Jahrzehnten nutzlos. Wir müssen hier und jetzt mit den gegebenen Möglichkeiten arbeiten und uns selbst Verbesserungen in jeder Hinsicht erarbeiten.
Dies betrifft natürlich v.a. die PdA selbst. Seit dem Gründungsparteitag am 12. Oktober 2013 wurde vieles erreicht, was uns niemand zugetraut hätte. Doch blieb einiges unerreicht, was sich manche erhofft hatten. Man muss realistisch bleiben – 1920 schrieb Lenin über (und an) die damalige KPÖ: „In Österreich hat der Kommunismus eine sehr schwere Zeit durchgemacht, die anscheinend noch nicht ganz überwunden ist: Wachstumskrankheiten, die Illusion, dass eine Gruppe, die sich zum Kommunismus bekennt, ohne ernstlichen Kampf um den Einfluss unter den Massen zu einer Macht werden könne, Fehlgriffe in der Wahl der Personen“ (LW 30, S. 350). – Das gilt übertragen auch heute. Zweifellos war die Schaffung der PdA ein immenser Schritt vorwärts. Und es ist in der Tat immer noch das Wichtigste an der PdA, dass sie existiert, dass es endlich wieder eine marxistisch-leninistische Partei in Österreich gibt. Aber alle weiteren Aufgaben, um dies auch auszufüllen, stehen noch vor uns – und waren selbstverständlich auch nicht binnen zwei Jahren zu bewältigen. Es war und ist eine Illusion, derartiges zu glauben.
Die PdA wird um ihre Position weiterhin zu kämpfen haben. Deklarationen und kluge Stellungnahmen reichen da natürlich nicht aus. Der Findungs- und Aufbauprozess, in dem sich die Partei nach wie vor bewegt, hat eben erst begonnen. Dabei wurden auch Fehler gemacht und Irrtümer begangen. Unsere personellen Ressourcen sind immer noch begrenzt – in der Breite wie in der Qualität. Es werden aber keine Massen an neuen Mitgliedern einfach vom Himmel fallen – und schon gar nicht „fertige“ Marxisten-Leninisten und ‑innen. Es stehen daher mehrere wichtige Aufgaben vor der PdA.
Im Inneren muss die PdA sich festigen. Ihre Leitungen müssen mehr Verantwortung übernehmen, ihre Grundorganisationen müssen mehr Aktivitäten entfalten. Ihre Schulungsarbeit muss besser funktionieren. Die Programmdiskussion muss in Form und Inhalt optimiert werden. Die Mediennutzung muss ausgebaut werden, die Aktivitäten müssen regelmäßiger, gezielter und verlässlicher umgesetzt werden. Nur wenn dies – und ein paar weitere Dinge – gelingt, wird sich auch eine entsprechende Außenwirkung ergeben, die wiederum quantitatives und qualitatives Wachstum zulässt.
Man darf aber auch nicht übersehen, welche positiven Ansätze bereits geschaffen wurden. Die PdA hat in den letzten beiden Jahren eine relevante Zahl neuer Mitglieder gewonnen und ihre regionale Verankerung teilweise verbessert. Die PdA ist über ihre maßgebliche Beteiligung an der KOMintern bei betrieblichen, gewerkschaftlichen und Arbeitskämpfen durchaus präsent (im Rahmen der Möglichkeiten, ist immer hinzuzudenken). Bei den AK-Wahlen wurden neue Kandidaturen geschafft, deutlich Stimmen gewonnen und zwei Mandate erreicht. Die PdA hat ein eigenes Theorieorgan initiiert und beteiligt sich über Österreich hinaus an der marxistisch-leninistischen Theoriearbeit und ihrer Diskussion. In der Bündnispolitik war und ist die PdA im Bereich Anitfaschismus, Antirassismus und Flüchtlingssolidarität, im Bereich Antiimperialismus und Frieden ein gewisser Faktor, der von anderen Organisationen und Personen geschätzt wird. Die PdA hat selbst große und wichtige Aktivitäten und Veranstaltungen angestoßen, die inzwischen Fixpunkte sind, darunter nicht zuletzt die jährliche große Bündnisdemo am 1. Mai in Wien. Auch in den internationalen Beziehungen ist die PdA vorangekommen, davon zeugt – exemplarisch – ihre kürzliche Aufnahme in den Teilnehmerkreis der Internationalen Treffen der kommunistischen und Arbeiterparteien der Welt.
Wir haben drei Bereiche vor uns, die gemeinsam – und nicht einzeln und nicht gegeneinander abwägend – in den kommenden Monaten und Jahren zu bearbeiten sein werden: 1. die organisatorische, strukturelle, personelle und inhaltliche Stärkung der Partei nach innen und außen als Voraussetzung jeder weiteren Wirksamkeit; 2. der weitere Ausbau der gewerkschaftlichen Tätigkeit mittels der KOMintern, mit dem Ziel der Schaffung kämpferischer Gewerkschaften; 3. die antimonopolistische Bündnisarbeit für Frieden, Demokratie und sozialen Fortschritt, um eine wirkliche Volksbewegung zu etablieren.
Der 2. Parteitag wird diesbezüglich zu beraten und einige Entscheidungen zu treffen haben. Die tatsächliche Aktivität basiert jedoch auf den Fähigkeiten der Leitungen und der Mitglieder, auf der Einsatzbereitschaft funktionierender Grundorganisationen, auf dem Bewusstsein und der Zielsicherheit der handelnden Personen und Kollektive. Hier wird man in absehbarer Zeit ein paar Schritte weiterkommen müssen auf dem Weg zur wirklichen revolutionären Kampfpartei der österreichischen Arbeiterklasse, die sich diese Charakteristika nicht einfach zuschreiben kann, sondern sie ausfüllen muss. Das mag alles schwierig und mit Mühen verbunden sein, doch es ist unerlässlich und definitiv machbar. Es liegt an uns.
Von Tibor Zenker.