Christian Kerns „Plan A“ trägt den Untertitel „Das Programm für Wohlstand, Sicherheit und gute Laune“. Da reißt’s einen schon zum ersten Mal: Gute Laune? Soll das ein Scherz sein? Ist das Fake-PR? Nein, es ist lediglich das Eingeständnis, dass es vorrangig um Show und Inszenierung geht. In Wels und überall – und zunächst mal für die eigenen SPÖ-Funktionäre und ‑Mitglieder, die auch brav beim eigenen Begräbnis jubilieren.
Dort, wo’s dann doch um Inhalte geht, wird’s dünn – und unerfreulich. Auch dieser „Neustart“ der Sozialdemokratie ist natürlich keiner nach links, sondern die Festsetzung in der vermeintlichen Mitte. Gar nicht unlogisch, denn die scheint ja momentan verwaist, da die ÖVP in letzter Zeit ihr Möglichstes versucht, um weiter nach rechts zu rücken. Die Mitte als politische Programmatik gibt’s aber gar nicht, denn die Mitte ist in einem Koordinatensystem ja bekanntlich ein Punkt und hat keine Ausdehnung. Man kann links oder rechts von diesem Punkt stehen. Die SPÖ hat sich schon lange für rechts entschieden – und Kern unterstreicht das.
Flexibilisierung der Arbeitszeit, feat. 12-Stunden-Tage, Senkung der Lohnnebenkosten, d.h. Senkung der Sozialbeiträge der Unternehmen, Aufweichung des Arbeitnehmerschutzes, eine „Beschäftigungsgarantie 50+“, die in bizarrer Zwangsarbeit mündet, eine Erbschafts- und Schenkungssteuer erst ab 1 Million Euro – das könnte ebenso gut direkt von Mitterlehner und der Wirtschaftskammer kommen. Zum Punkt Demokratie: Die Zusammensetzung der legislativen Körperschaften bildet schon jetzt nicht das eigentliche Wahlergebnis ab – und Kern tendiert in Richtung Mehrheitswahlrecht, will die Wertung der Stimmen noch ungleicher machen. Für das Bundesheer und die Polizei wird die weitere Aufrüstung gefordert, auf dass sie im Inneren und nach außen einsatzfähiger werden. Das Asyl- und Fremdenrecht ist offenbar auch noch nicht streng genug. Das kommt alles direkt aus dem Gruselkabinett des Kapitals.
Aber das Kapital ist ja der natürliche Verbündete der SPÖ – wir sitzen doch alle harmonisch im selben Boot, nicht? Zwar gibt’s im Programm auch ein paar nona-Forderungen im sozialen Bereich – man muss ja seine parteiinternen mehr-oder-minder-„linken“ Feigenblätter bei der Stange halten –, aber die sind risikolos, weil ohnedies niemals in ein Koalitionsübereinkommen zu bringen. Was der österreichischen Sozialdemokratie einfach fehlt, ist der Klassenstandpunkt (daher z.B. auch keine Spur von Arbeitszeitverkürzung), den es früher zumindest noch als rhetorischen Schmäh gab. Im Kern-Programm reduziert sich der proletarische Klassenstandpunkt auf den Cat-Content: Die Katzerl im Hochglanz-Katalog des Plans A auf Seite 139 tragen Handwerkeroutfits. So was kann man nicht erfinden.
Kerns Plan A ist so weit von den wirklichen und unmittelbaren Problemen der einfachen Menschen, der Arbeiterklasse und werktätigen und ärmeren Volksschichten entfernt – und von deren tatsächlicher Lösung –, dass man meinen könnte, er sei nicht von dieser Welt. Leider handelt es sich aber um ein irdisches Produkt, das nicht nur das Gefühl des Unverständnisses, sondern auch jenes des Fremdschämens hinterlässt.
Mit diesem Programm gewinnt die SPÖ keinen einzigen FPÖ-Wähler zurück. Das ist offenbar auch nicht das Ziel, sondern, indem man ÖVP-Positionen gleich selbst übernimmt, will man anscheinend die ÖVP überflüssig machen. Was jedoch damit wirklich überflüssig wird, ist die SPÖ.
Dem kann man nur den Aufbau klassenorientierter, im Wortsinn sozialistischer Alternativen von unten entgegensetzen. Plan A heißt immer noch Revolution. – Worauf warten?
Tibor Zenker, stv. Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs