Kommentar von Tibor Zenker, Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs (PdA)
In §11 der Grundsätze der Partei der Arbeit Österreichs heißt es: „Mit der Fähigkeit des Menschen, in entscheidende Bereiche der Natur, der Flora und Fauna, der Landschaftsgestaltung und sogar des Klimas einzugreifen, sie beabsichtigt oder unbeabsichtigt zu verändern, geht die Pflicht einher, im Eigeninteresse, im Interesse zukünftiger Generationen sowie zum Schutze bedrohter Lebewesen und Ökosysteme erhaltend zu agieren.“
Von solch einer Verpflichtung will der Kapitalismus natürlich nichts wissen und nichts hören. Für ihn kommt nur die unmittelbare Zielsetzung, die Erzielung von Profit, in Betracht – das ist das Kriterium für Entscheidungen der bürgerlichen Politik und der kapitalistischen Wirtschaft. Der Kapitalismus lässt zugunsten des Profits Menschen ausbeuten und unterdrücken, er lässt sie verhungern, vertreiben, misshandeln, versklaven und ermorden. Wer auf diese Weise mit Menschen umgeht, hat gegenüber der Umwelt, dem Klima und nichtmenschlichen Lebewesen natürlich noch weniger Bedenken. Ebenso wenig tangiert es das Kapital, dass man mit der rücksichtslosen Ausbeutung und Zerstörung des Planeten auch die Lebensgrundlage der Menschheit selbst untergräbt. Von bürgerlichen Regierungen, kapitalistischen Konzernen und imperialistischen Staaten haben wir im Bereich des Umwelt- und Klimaschutzes nicht viel mehr zu erwarten als heuchlerische Lippenbekenntnisse und ein paar Alibimaßnahmen.
Lediglich in jenen Bereichen, wo sich das Kapital unter dem Schlagwort der „Ökologisierung“ die Entwicklung innovativer, neuer Produkte erwartet, die neue, größere Profite erwirtschaften sollen, ist ein scheinbares Einlenken möglich. Ansonsten wird das Kapital ausschließlich den einfachen Menschen, den ArbeiterInnen und SteuerzahlerInnen, die Verantwortung zuschieben: Sie seien es, die sich individuell „mäßigen“ und „zurückhalten“ müssen, die in den Bereichen Mobilität, Energie, Ernährung, Wohnen und Freizeit zum Verzicht angehalten seien – oder aber teurere Produkte kaufen sollen, denen Umweltverträglichkeit, Nachhaltigkeit oder „biologische“ Herkunft unterstellt werden, was abermals dem Profit dient und für viele schlichtweg nicht leistbar ist. Letztlich kommen die politischen Vorstellungen der bürgerlichen Spartenparteien, wie z.B. der Grünen, nur teilweise darüber hinaus: Sie verbleiben im Bereich der Belastung von KonsumentInnen, der Verteuerungs- und Verbotspolitik für diejenigen, die es sich nicht richten können, und des gesellschaftlichen Drucks der unspezifischen „Individualverantwortung“ – und das alles wird dann auch noch als Lifestyle-Politik für Besserverdienende verpackt. An den Bedürfnissen und Möglichkeiten der Arbeiterklasse und jenen der so genannten „Dritten Welt“ geht dies weit vorbei.
Natürlich, ein verantwortungsvoller Umgang mit Energie, der Verzicht auf Plastikverpackungen, Ausbau des öffentlichen Verkehrs, von Radwegen, konsequente Mülltrennung etc. sind positive Dinge und tragen ihren Teil zum Umwelt- und Klimaschutz bei. Jedoch ist dies ein sehr kleiner Teil. Der weitaus größere Teil liegt im Bereich der Konzerne, die gezielt dort produzieren, wo neben den Lohnkosten auch die Umweltauflagen am geringsten sind; die aus Kostengründen Luft, Wasser und Böden rücksichtslos vergiften; die den Zugriff auf Rohstoffe und natürliche Ressourcen bedenkenlos forcieren; die landwirtschaftliche Monokulturen fördern, die nicht der Ernährung dienen; die menschliche und tierische Lebensräume zerstören, um Platz für ihre landwirtschaftlichen, industriellen und Bergbauunternehmungen zu schaffen. Und nicht zuletzt sind es die gewaltigen Militärmaschinerien der imperialistischen Staaten, die einen erheblichen Anteil an der globalen CO2-Produktion zu verantworten haben.
Gegenmaßnahmen sind nur im geringen Ausmaß erreichbar, unter dem Druck konsequenter, entschiedener Massenbewegungen, an denen sich auch die Arbeiterbewegung beteiligen soll. Jeder dieser Siege ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber zumeist nur ein vereinzelter Tropfen auf dem heißen Stein – in der realen Essenz wird das auch für das gegenwärtige Klimavolksbegehren gelten. Denn das kapitalistische Profitprimat wird sich niemals den Bedürfnissen der Menschen, des Umwelt- und Klimaschutzes unterordnen – das ist keine Frage des Wollens, sondern des zwanghaften Systems.
Daher braucht es einen Systemwechsel, der über den Kapitalismus hinausgeht. Es braucht eine Revolution gegen das Kapital, es braucht den Sozialismus. Nur der Sozialismus wird in der Lage sein, gemäß den Bedürfnissen der Menschheit und auf wissenschaftlicher Grundlage für eine nachhaltige Produktion, Landwirtschaft und Ressourcengewinnung zu sorgen, für ein menschen‑, klima- und umweltgerechtes Transport- und Bauwesen, für eine erneuerbare und sichere Energiewirtschaft. Ist das Profitstreben überwunden, so lassen sich technischer und produktiver Fortschritt planen und gemäß ökologischer Verträglichkeit umsetzen.
Die Menschheit hat dann eine Zukunft auf unserem Planeten, wenn es sich um eine sozialistische Zukunft handelt.