Stellungnahme des Parteivorstandes der Partei der Arbeit Österreichs zur Inhaftierung des österreichischen Journalisten, Autors und Studenten Max Zirngast in der Türkei
Am 11. September 2018 wurde in Ankara der seit einigen Jahren in der Türkei lebende österreichische Journalist, Autor und Student Max Zirngast gemeinsam mit 3 anderen Personen von der türkischen Polizei festgenommen. Nachdem die Staatsanwaltschaft die maximale Zeit des Polizeigewahrsams ausgenutzt hat und sie es trotzdem zu keiner konkreten Anklageerhebung brachte, befindet sich Max Zirngast nach Entscheidung des Gerichts nun in Untersuchungshaft. Auch ohne konkrete Anklage kann die Untersuchungshaft in der Türkei jahrelang verlängert werden. Wenig überraschend betreffen die Anschuldigungen angebliche Verbindungen zu „terroristischen Organisationen“. Es ist offensichtlich, dass diese Anschuldigungen überhaupt keinen Hintergrund haben. Die Tatsache, dass bisher weiterhin keine konkrete Anklage besteht, bekräftigt den Eindruck, dass die Staatsanwaltschaft nur Zeit braucht, um einen Fall zu konstruieren. In Wahrheit wird Max Zirngast, wie zahlreiche Menschen in der Türkei, wegen seiner regierungs- und systemkritischen journalistischen und wissenschaftlichen Tätigkeit, sowie seiner politischen Überzeugung verfolgt. Diese systematische Verfolgung betrifft seit geraumer Zeit auch nicht-türkische Staatsbürger, die sich im Land aufhalten – darunter auch Österreicher, die aber wegen ihrer Herkunft, vom österreichischen Staat und der österreichischen Öffentlichkeit beinahe vollkommen ignoriert werden.
In Österreich haben bis jetzt zahlreiche Menschen ihre Solidarität mit Max Zirngast bekundet. In den ersten Tagen nach seiner Verhaftung haben z.B. zahlreiche Studierende und Mitarbeiter– darunter viele ehemaligen Kollegen und Universitätslehrer von Max Zirngast – sowie die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) der Universität Wien das Vorgehen gegen ihn verurteilt und alle Anschuldigungen zurückgewiesen (https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180914_OTS0013/solidaritaet-mit-max-zirngast).
Angesichts der weiteren Entwicklungen und der eigentlich unbefristeten Verlängerung seiner Haft wurde bei einem Treffen in Wien am Mittwoch, den 26. September eine Solidaritätskampagne gestartet, an der sich zahlreiche Personen und Verbände aus sehr unterschiedlichen Zusammenhängen beteiligen. Die Partei der Arbeit unterstützt diese Solidaritätskampagne und wird sich an den Aktivitäten beteiligen. Ziel muss es sein, sowohl Druck auszuüben, damit Max Zirngast, so bald wie möglich freikommt, als auch auf die Zustände in der Türkei aufmerksam zu machen. Dabei darf es bezüglich der Rolle der österreichischen Regierung und der EU, die in ihren Beziehungen und Abkommen mit der Türkei die Interessen des Monopolkapitals in den Vordergrund rücken, keinerlei Illusionen geben.
Die Partei der Arbeit betrachtet diese Entwicklung als ein weiteres Zeichen der steigenden Aggressivität der türkischen Regierung – im Inneren sowie im Äußeren. Die bisherige Haltung der österreichischen Regierung führt uns zum Schluss, dass der Fall Zirngast keinerlei Priorität für sie hat und eigentlich, wenn überhaupt, nur passiv verfolgt wird. Die Statements der ersten Tage nach der Verhaftung waren nicht nur halbherzig, sondern vor allem auch folgenlos. Das Treffen der österreichischen Staatsspitze mit dem türkischen Präsidenten Erdogan in New York vor einigen Tagen deutet darauf hin, dass im Zentrum der bilateralen Gesprächen und Verhandlungen nicht etwa die Rechte der Menschen und Völker in Österreich und der Türkei stehen, sondern die Interessen des Monopolkapitals, wie z.B. die Wiederaufnahme der NATO-Kooperation mit Österreich, die seit zwei Jahren von der Türkei blockiert wird.
Die Partei der Arbeit Österreichs verurteilt die Verhaftung und Verfolgung von Max Zirngast und fordert seine sofortige Freilassung. Sie verurteilt die bisherige Untätigkeit der ÖVP-FPÖ-Regierung in diesem Fall und fordert, dass alle diplomatischen Mittel eingesetzt werden, um Max Zirngast in seinen Rechten zu unterstützen und schließlich aus der Haft freizubekommen.
Wir möchten schließlich den Eltern von Max Zirngast, und allen, die ihm nahestehen, in dieser schwierigen Zeit viel Kraft und Mut wünschen und unsere aktive Solidarität im Kampf um seine Freilassung zum Ausdruck bringen.