Die Lage der Schülerinnen und Schüler sowie Lehrenden während der Pandemie in Österreich

Stellungnahme der Jugendsektion der Partei der Arbeit Österreichs, Wien, 14. Februar 2022.

Das Problem heißt Bildung im Kapitalismus

Dass sich die Lage der Lernenden und Lehrenden in österreichischen Schulen seit Ausbruch der Coronapandemie im März 2020 nicht verbessert hat, ist offenkundig. Selbsterklärtes Ziel des österreichischen Schulsystems ist es, dass: „Junge, selbstbestimmte Menschen [.] am Ende ihrer Schullaufbahn ihre Stärken und Begabungen kennen. Sie sehen ihre Perspektiven in einer sich verändernden Gesellschaft im digitalen Zeitalter. Sie ergreifen die Chancen, die sich ihnen bieten, um ihr privates und berufliches Leben meistern zu können. Als aktive Mitglieder der Gesellschaft kennen sie die Bedeutung von demokratischer Mitbestimmung und Mitgestaltung.“ Die Erhöhung des Leistungs- und Bildungsniveaus der Schülerinnen und Schüler ebenso wie die Verbesserung der Bedarfsorientierung sowie der Chancen- und Geschlechtergerechtigkeit im Bildungswesen wird als Zielgröße des Bildungsministeriums genannt. Dass diese Ziele immer in den Diensten der herrschenden Ordnung wirken und Herrschaftswissen vermittelt wird, steht hierbei außer Frage.

Bereits vor der Pandemie herrschte an Österreichs Schulen und in österreichischen Bildungssystem Notstand. Zu große Klassen, Leistungsdruck, Zentralmatura, Performance vor Inhalten, mangelnde Ressourcen zur Förderung und vieles mehr sind negative Auswirkungen des Kapitalismus auf das Bildungssystem. Dass ein Kind oder ein Jugendlicher aus der Arbeiterklasse den „Bildungsaufstieg“ schafft ist seit jeher in Österreich sehr unwahrscheinlich! Matura als Kind der Arbeiterklasse geschweige denn Unibesuch ist sehr unwahrscheinlich, da Bildung gemäß dem Einkommen in der Regel vererbt wird.

Auch der Druck auf das Lehrpersonal hat sich massiv erhöht; auf individuelle Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler – nicht nur auf inhaltliche, sondern auch auf psychosoziale Bedürfnisse – einzugehen, ist vielfach nicht möglich.

Die Pandemie verschärft die Situation für Schülerinnen und Schüler

Seit Beginn der Pandemie wird wenig bis keine Rücksicht auf die erschwerten Bedingungen genommen. Der Leistungsdruck und Stress gehen munter weiter. Die mit der Pandemie einhergehende psychische Belastung findet keine Anerkennung. Junge Menschen werden durch die Politik zu vermeintlichen „Superspreadern“ und zu einem Risiko für ihre älteren Verwandten hochstilisiert – und trotz der daraus folgenden sozialen Isolation soll die Leistung weiter stimmen. Es gibt viel zu wenig Plätze für psychosoziale Betreuung, bei stetig steigender Belastung, der die Schülerinnen und Schüler ausgesetzt sind.

Auch nach zwei Jahren fehlen Mittel für das sogenannte Distance-Learning. In vielen Klassen haben weniger als 50 Prozent einen Laptop zur Verfügung, um am Unterricht teilzunehmen. Von schwachen und unzureichenden Internetverbindungen und adäquaten Arbeitsplätzen zu Hause ganz zu schweigen. Selbstorganisation und Eigenverantwortung sind von den Schülerinnen und Schülern in einem Alter gefordert, in dem man diese eigentlich noch nicht in einem solchen Maß haben sollte. Die Aufgabe diese Schülerinnen und Schüler auf dem Weg nicht zu verlieren wird den Lehrenden und Eltern als individuelle Aufgabe zugedacht. Hierdurch wird das ohnehin ungleiche System noch ungleicher.

Planungsunsicherheit gibt es keine, nicht nur in Sachen Unterrichtsform, ob Präsenz oder Distanz. Fragen wie: Kann ich meine Praktika machen? Finden Projektwochen statt? Wie viele Fächer kommen zur Matura und in welchem Umfang? bleiben bis zum letzten Moment offen. Statt Planungssicherheit hält der neue Bildungsminister fest, dass Maturaprüfungen auch am Krankenbett abgelegt werden könne.

Die Rechte der Schülerinnen und Schüler nicht nur auf gute Bildung und die selbstgesetzten Ziele des österreichischen Bildungssystems werden in keinster Art und Weise erreicht.

Natürlich werden die Schülerinnen und Schüler außerdem durch nach wie vor unveränderten und mangelhaften Gesundheitsschutz an Schulen gefährdet: Long Covid oder schwerere Verläufe werden im Zusammenhang mit jungen Menschen so gut wie nie thematisiert.

Der Bildungsminister und die ihm hörige Schülerinnen- und SchülervetreterInnen – die eigentliche Interessenvertretung der Lernenden – interessieren die Rechte nur wenig, stattdessen wird die Lage ignoriert und gedroht.

Angriffe auf die Lehrenden und ihre Lage in der Pandemie

Lehrerinnen und Lehrer mussten vor der Pandemie massive Angriffe auf ihre Arbeitsbedingungen in Kauf nehmen. Befristete Verträge, größere Klassen, Zentralmatura und vieles mehr machen den Beruf immer unattraktiver. In der Pandemie wurde von heute auf morgen der Mehraufwand und die Verantwortung auferlegt Schüler zu testen, Sitzpläne penibel zu erstellen und zu kontrollieren.

Seit der Rückkehr zum Präsenzunterricht ist es unmöglich für die Lehrerinnen und Lehrer, sich aus Selbstschutz ins Homeoffice zu begeben – gleichzeitig wurde SchülerInnen freigestellt, ob sie am Unterricht teilnehmen. Lehrende werden gleichzeitig verpflichtet, abwesende Schülerinnen und Schüler mit sogenannten „Lernpaketen“ zu versorgen. Die ohnehin hohe Arbeitsbelastung wird weiter erhöht durch doppelte Vorbereitung für Home- und Präsenzunterricht.

Aufgrund der Beibehaltung der Prüfungsmodalitäten (z.B.: Mündliche Matura) ist es den Lehrenden nicht möglich auf die erschwerten Umstände, unter denen die Schülerinnen und Schüler leiden, zu reagieren. Der rigide Lehrplan muss wider jedes pädagogischen Grundverständnisses durchgesetzt werden.

Generell leiden auch die Lehrerinnen und Lehrer unter dem fehlenden Gesundheitsschutz sowie der mangelnden technischen Ausrüstung, sie mussten vielfach auf private Geräte zurückgreifen. Lehrerzimmer waren bereits vor der Pandemie oft viel zu klein, Sicherheitsabstand ist unmöglich bei vier Kolleginnen und Kollegen an einem Tisch.

Auch hier zeigt sich der Bildungsminister ebenso wie die Gewerkschaft ignorant.

In einer gemeinsamen Front von Schülerinnen, Schülern und Lehrenden für unsere Rechte und unseren Schutz

Schülerinnen und Schüler leiden ebenso wie die Lehrerinnen und Lehrer unter einer Politik in den Diensten des Kapitals, die in der Pandemie enttarnt wurde. Diese findet auf dem Rücken der Jugend und der Arbeitenden statt. Die gefühlt ausweglose Situation ist dem Versagen der konkreten Pandemiepolitik sowie der Bildungspolitik im Allgemeinen geschuldet.

  • Wir fordern den Aufbau der Sicherheit für einen Schulbetrieb in Präsenz.

Der Präsenzunterricht und das sichere Lernen in der Gemeinschaft mit Gleichaltrigen ist elementar für die Entwicklung von jungen Menschen. Nur so kann man das kollektive Handeln erlernen, dass auch die Basis für Widerstand bildet. Erfahrungen werden nicht als individuelle Schicksalsschläge oder Versagen, sondern als System verursacht erkannt. Deswegen fordern wir die Schule als sicheren Lernort!

Bereits im ersten Pandemiesommer 2020 hätten die Schulen sicherer gestaltet werden müssen – getan wurde gar nichts!

  • Wir fordern: Luftfilter, mehr Platz für Abstände, Testinfrastruktur statt Testen in der Unterrichtszeit! Ausbau der Betreuungsplätze für psychische Erkrankungen!
  • Mehr Lehrpersonal, nicht nur, um Mehraufwand durch die Pandemie zu kompensieren, sondern dauerhaft. Team-Teaching muss möglich sein!
  • Kleinere Klassen – mehr Lehrpersonal!
  • Ausstattung aller SchülerInnen, Schulen und Lehrenden mit angemessenen technischen Mitteln, um Distance-Learning, sofern unumgänglich, organisieren zu können, ohne dass dies vom Geldbeutel der Eltern abhängt.

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