Beitrag der Partei der Arbeit Österreichs zum Seminar “Die EU und andere imperialistische Bündnisse” anlässlich des 100. Jahrestages der Veröffentlichung von W. I. Lenins Schrift “Über die Losung der Vereinigten Staaten von Europa”, Athen, 10. Dezember 2016
Liebe Genossinnen und Genossen!
Wir möchten uns bei der Kommunistischen Partei Griechenlands für die Ausrichtung dieses Seminars bedanken, wodurch es auch möglich wurde, einen Beschluss der Generalversammlung der Europäischen Kommunistischen Initiative umzusetzen. Wir sind der Meinung, dass solche Seminare dazu beitragen können, unsere Zusammenarbeit und unsere gemeinsame Herangehensweise gegenüber den Herausforderungen, vor denen unsere Parteien stehen, weiterzuentwickeln.
Lenins Schrift “Über die Losung der Vereinigten Staaten von Europa” ist heute aktueller denn je. Wir konnten nicht nur die Schaffung der Europäischen Union als reaktionäres Bündnis des Monopolkapitals beobachten, sondern ebenso die von Lenin beschriebenen Widersprüche, die sogar zu ihrer möglichen Auflösung führen könnten.
Lenin hat deutlich gezeigt, dass ein Bündnis der kapitalistischen, imperialistischen Staaten in Europa entweder unmöglich oder reaktionär sein müsse. Es ist wichtig, die Grundlage dieses Arguments hervorzukehren. Seine Ablehnung der Losung basierte nicht auf irgendwelchen Rahmenbedingungen der vorherrschenden Situation der damaligen Zeit. Sie gründete sich auf die Analyse des Wesens des Monopolkapitalismus und der zwischenstaatlichen Beziehungen im Stadium des Imperialismus. Er zeigte auch, dass der Sozialismus – aufgrund des Gesetzes der ungleichmäßigen ökonomischen und politischen Entwicklung im Kapitalismus – zunächst nur in einem Land oder in einigen Ländern siegen kann und muss, bevor er sich im Weltmaßstab durchsetzt.
Liebe Genossinnen und Genossen!
Unsere Parteien haben immer entschieden auf den reaktionären Charakter der EU als Organisation des Monopolkapitals in Europa hingewiesen. Die Arbeiterklasse und die Völker Europas verfügen heute über deutlichere Erfahrungen bezüglich der Konsequenzen der Politik, die auf europäischer Ebene organisiert und umgesetzt wird. Sogar die Aufhebung demokratischer Rechte, der Einsatz des Militärs im Inland und die Erklärung des vollen oder teilweisen “Ausnahmenzustands” sind gegenwärtig in manchen europäischen Ländern Realität. Doch die Völker anderer Weltregionen erleben ebenfalls den imperialistischen Charakter der EU aufgrund ihrer politischen, wirtschaftlichen und militärischen Interventionen sowie, noch anschaulicher, durch die Präsenz der Armeen europäischer Staaten. Die reaktionäre Position der EU in den Konflikten in der Ukraine und in Syrien zerstört alle Illusionen, die seitens diverser politischer Kräfte über die friedenserhaltende Rolle der EU verbreitet werden.
Wir wollen einige Aufmerksamkeit auf laufende Diskussion über die Schaffung einer tatsächlichen europäischen Armee legen. Abgesehen von den Widersprüchen zwischen bedeutenden europäischen Ländern, zeigt der Prozess deutlich den Wunsch der europäischen Monopole, sich aktiver in den bewaffneten Konflikten in Osteuropa, Nordafrika und im Nahen Osten zu engagieren. Es kann keinen Zweifel darüber geben, dass dies auch zur Ausweitung und Verstärkung der militärischen Kräfte im Inneren der europäischen Länder führen wird. Die Schaffung einer solchen Armee wäre ein mächtiges Instrument in den Händen des Monopolkapitals gegen die Arbeiterbewegung in Europa und in anderen Ländern.
Ebenfalls alarmierend ist die jüngste Entscheidung bezüglich der Einschränkung und Unterdrückung von EU-Kritik, die sich vorgeblich nur gegen Russland richtet. In Wirklichkeit richtet sich diese Entscheidung gegen die Völker Europas selbst. Sie schafft Mechanismen, um die Volksopposition gegen die EU und deren Politik zu zerschlagen, und verfügt über einen offen antikommunistischen Charakter. Diese Entwicklungen müssen von unseren Parteien sorgfältig beobachtet werden, um auf eine Verschärfung der Repression, die es bereits in vielen Ländern gibt, vorbereitet zu sein.
Liebe Genossinnen und Genossen!
Die gegenwärtige Überakkumulationskrise führt zur Verschärfung der kapitalistischen Widersprüche und zur Eskalation von Gegensätzen zwischen imperialistischen Staaten und Monopolgruppen. Die Intensivierung politischer, wirtschaftlicher und militärischer Interventionen zeigt, dass sogar ein allgemeiner Krieg eine realistische Gefahr darstellt. Es ist bezeichnend, dass derartige Widersprüche sogar unter Ländern offensichtlich werden, die während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts relativ starke und stabile Bündnisse gebildet haben. Es ist unsere Pflicht, diese gegenwärtigen Entwicklungen vom Standpunkt des Marxismus-Leninismus aus zu studieren.
Es ist daher ebenfalls wichtig, sich der zeitlichen Beschränktheit der Abkommen zwischen imperialistischen Staaten zu widmen, die Lenin in seiner Schrift hervorhebt. Die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass wir in absehbarer Zukunft eine Neustrukturierung oder gar die Auflösung der EU aufgrund innerimperialistischer und innerbourgeoiser Gegensätze und Widersprüche erleben könnten. Es ist wichtig, diese Möglichkeit und die potenziellen Auswirkungen auf die Arbeiterbewegung zu analysieren, um unseren Kampf gegen die EU und die Bourgeoisie in unseren Ländern zweckmäßig und effizient zu organisieren.
Dies wird umso wichtiger, als bürgerliche Kräfte, die mit dem gegenwärtigen innerkapitalistischen Kräfteverhältnis unzufrieden sind, versuchen, die Enttäuschung und die antiimperialistischen Stimmungen der Menschen für ihre eigenen Zwecke zu missbrauchen. Diese Kräfte werden vor allem durch die am meisten nationalistischen, rassistischen und sogar durch faschistische politische Parteien repräsentiert, oft jedoch auch durch opportunistische Parteien oder degenerierte kommunistische Parteien. Gleichzeitig wirken sie in den traditionelleren bürgerlichen Parteien, indem sie versuchen, deren politische Linie zu beeinflussen, was häufig auch gelingt. Sie besitzen und betreiben ihre eigenen Massenmedien und nützen andere Manipulationsmechanismen, oft verfügen sie über Verbindungen in zentrale Staatsinstitutionen wie Polizei, Militär oder Justiz. Ebenso müssen wir unterstreichen, dass sie starke Verbindungen zum herrschenden Monopolkapital selbst haben, das solche Kräfte auf unterschiedliche Weise nützt, zur Einschüchterung der Menschen oder zur gewaltsamen Umsetzung seiner reaktionären Politik.
Liebe Genossinnen und Genossen!
Wir müssen diese Prozesse verstehen und Wege finden, um ihnen entgegenzutreten. Wenn das Ergebnis der letzten österreichischen Präsidentschaftswahl etwas zeigt, dann die Tatsache, dass die reaktionärsten, rassistischen, nationalistischen und auch faschistischen Kräfte stärker werden und Boden gewinnen, sogar im Bereich der Arbeiterklasse und anderer Volksschichten der Gesellschaft. Diese Entwicklung muss uns beschäftigen, wir dürfen sie nicht mit deren Wahlniederlage abhaken. Die Politik der europäischen Regierung und der EU widerspricht keineswegs der Agenda dieser Kräfte. Im Gegenteil: Wir können beobachten, wie die sozialdemokratisch geführte Regierung in Österreich Maßnahmen gegen Flüchtlinge und Migranten ergreift, demokratische Rechte suspendiert, Militärausgaben erhöht und ihre Politik gegen die Rechte der Arbeiterklasse und des Volkes verschärft. Die österreichische Sozialdemokratie schrak nicht einmal davor zurück, im Bundesland Burgenland eine Regierungskoalition mit der extremen Rechten zu bilden. Die Möglichkeit einer solchen Koalition auf Bundesebene wird momentan von sozialdemokratischen Funktionären angedacht. Gleichzeitig versuchen sie, sich selbst als Bollwerk gegen die extreme Rechte zu inszenieren.
Die Partei der Arbeit versucht, den Pseudo-“Antifaschismus” der Sozialdemokratie zu entlarven, den antisozialen Charakter ihrer Politik darzustellen und den wahren Grund der sozialen Probleme zu benennen. Sie unterstreicht die Notwendigkeit einer klassenorientierten Bewegung von unten, um den reaktionären Kräften und ihrer Politik entgegenzutreten. Sie ist bestrebt, dem Rassismus und Nationalismus mit Solidarität und der Einheit der Arbeiter jeglicher Herkunft zu begegnen. Sie formuliert konkrete Forderungen im Interesse der Arbeiterklasse und des Volkes und besteht auf der Notwendigkeit, den Kapitalismus zu überwinden.
Die politische Situation in Österreich ist beunruhigend und veranschaulicht eine allgemeine Tendenz in Europa. Denn die Entwicklungen in Österreich sind in keiner Weise einzigartig. Ganz gegenteilig gibt es zweifellos einen Trend in diese Richtung in vielen europäischen Ländern. Daher ist es wichtig, diese Vorgänge sorgfältig und gemeinsam zu analysieren und zu diskutieren. Ein Austausch unserer Erfahrungen kann dazu beitragen, unseren Kampf effizienter zu gestalten und unsere Einheit zu vertiefen. Denn weitere Entwicklungen können eine Herausforderung darstellen, wenn es um die Fähigkeit geht, unsere politische Arbeit veränderten Bedingungen anzupassen.
Liebe Genossinnen und Genossen!
Wir glauben, dass die Gründung und die Arbeit der Initiative kommunistischer und Arbeiterparteien Europas einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung darstellen. Indem wir unsere entschiedene Opposition zur EU und allen imperialistischen Organisationen und Bündnissen erklären, ziehen wir einen klaren Trennstrich zur “Europäischen Linken” und anderen opportunistischen und bürgerlichen Kräften, die solche offen oder verdeckt Bündnisse begrüßen.
Es wird an unseren Parteien liegen, die Enttäuschung der Völker Europas gegenüber der EU und ihrer Politik gegen die Monopole und die Bourgeoisie in jedem Land zu lenken, deren Interessen hinter der arbeiter- und volksfeindlichen Politik der EU und der Regierungen stehen. Ohne starke kommunistische und Arbeiterparteien mit tiefen und soliden Wurzeln in der Arbeiterklasse und ohne klassenorientierte Bewegung auf Basis der gemeinsamen Interessen der arbeitenden Menschen kann es keine reale Alternative geben.
Liebe Genossinnen und Genossen!
Abschließend wollen wir des Gen. Fidel Castro anlässlich seines kürzlichen Todes gedenken und dabei auch an die Position der EU gegenüber Kuba erinnern, die ihren reaktionären Charakter verdeutlicht. Ebenso möchten wir die Position der opportunistischen Kräfte der “Partei der Europäischen Linken” in Erinnerung rufen, die als Bannerträger des Antikommunismus der EU immer aktiv an deren antikubanischer Propaganda teilnahm und entsprechend agierte. Die aufrichtige Solidarität unserer Parteien mit dem Kampf der kommunistischen Parteien und der Arbeiterklasse auf der ganzen Welt entlarvt den Opportunismus jener Kräfte, die danach trachten, die Menschen von ihren wahren Interessen abzulenken.
Parteivorstand der Partei der Arbeit Österreichs
Wien, 6. Dezember 2016
Die EU und die “Vereinigten Staaten von Europa”
Veranstaltungen
Zeitung der Arbeit
NEWSLETTER
Spenden
Partei der Arbeit Österreichs
IBAN: AT10 2011 1824 2361 8700
BIC: GIBAATWWXXX
IBAN: AT10 2011 1824 2361 8700
BIC: GIBAATWWXXX