Kommentar von Tibor Zenker, Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs
Zwei internationale Ereignisse im noch jungen Jahr 2020 deuten darauf hin, dass der Imperialismus den Völkern keine Atempause gönnen wird. Neue Militäreinsätze und Kriege werden vorbereitet – und dies mit verbrecherischen Mitteln und potenziell globalen Folgen.
Im Südwesten Bagdads traf den iranischen Generalmajor Soleimani eine Rakete des US-Militärs – eine so genannten „gezielte Tötung“ in exterritorialer Location, inklusive Kollateralschäden, dafür ohne Kriegserklärung, ohne Bedrohungssituation oder juristische Grundlage. Es handelt sich um nichts anderes als Mord mit politischem Tatmotiv. Im allgemeinen Sprachgebrauch – zu dem den „westlichen“ Regierungen und Medien natürlich Mut und Wille fehlen – bezeichnet man derartiges als Terrorismus. Abermals stellen Regierung und Militär der USA unter Beweis, dass sie und ihre Verbündeten die größte Terrororganisation in der muslimischen Welt sind, die sich um Völkerrecht und Menschenrechte nichts schert. Das Attentat auf Soleimani ist der vorläufige Höhepunkt der aggressiven US-Eskalationsstrategie gegenüber dem Iran, die mit dem Ausstieg aus dem Atomabkommen begann sowie über Sanktionen, staatliche Piraterie und allerlei Provokationen zum gegenwärtigen Punkt führte. Am Ende dieser Entwicklung steht planmäßig der offene Krieg gegen den Iran. Dieser wurde von den USA von langer Hand geplant – ungeachtet des jeweiligen Amtsinhabers im Weißen Haus –, mittels der Kriege in Afghanistan, im Irak, in Libyen, im Jemen und in Syrien vorbereitet und nun soll offenbar zum finalen Schlag ausgeholt werden. Die USA nehmen es nicht nur in Kauf, damit das gesamte Gebiet von der Sahara bis zum Indus in Brand zu setzen, sondern auch den Konflikt mit Russland und China weiter auf die Spitze zu treiben.
Gleichzeitig ließ der türkische Präsident Erdogan sein von relevanten Teilen der Opposition gesäubertes Parlament in Ankara beschließen, eine türkische Militärintervention in Libyen vorzubereiten, um in der Auseinandersetzung zwischen dem Parlament in Bengasi und der Regierung in Tripolis zugunsten letzterer einzugreifen – eine Bürgerkriegssituation, die – wohlgemerkt – auch erst durch die NATO-Aggression gegen die Gaddafi-Regierung ermöglicht wurde. Damit beginnt die Türkei nach dem Angriff und den Okkupationen in Syrien sowie den Übergriffen auf den Irak den nächsten völkerrechtswidrigen Kriegseinsatz.
Es droht nichts anderes als ein großer Krieg in der Region, gegen den die bisherigen nur Scharmützel waren. Saudi-Arabien, Ägypten und Israel werden in widersprüchlicher Einheit hinter den USA stehen, die schiitische Mehrheit im Irak, Syrien sowie schiitische Milizen aus dem Libanon auf der Seite Teherans. Zwar verfügen die USA über die mächtigste Militärmaschinerie der Welt sowie mit den NATO-Verbündeten über einige, v.a. britische Backup-Möglichkeiten, doch hat man mit der iranischen Armee diesmal gewiss einen stärkeren Gegner, als es die Taliban oder Saddam Hussein waren.
Doch diese Zuspitzung verfügt über weit mehr Potenzial, sie könnte die erste Phase eines Weltkrieges sein. Unter anderem muss man in Rechnung stellen, dass der Imperialismus und die einheimische Oligarchie gerade zum Sturm auf die emanzipatorischen Bewegungen Lateinamerikas blasen, dass in Xinjiang und Hongkong antichinesische, von den USA gelenkte Banditen am Werk sind, dass in der Ukraine ein leidlicher Waffenstillstand herrscht, dass die koreanische Halbinsel unbefriedet bleibt, dass der japanische Imperialismus wieder zum offenen Militarismus übergehen will oder dass Indien immer mehr einem Pulverfass ähnelt – all‘ dies führt zu einer Situation, wo ein wirklich großer, globaler Krieg nicht mehr auszuschließen ist; ein Krieg ungeahnten und bislang unbekannten Ausmaßes, mit Genoziden neuer Qualität, mit autoritären und neofaschistischen Regimen in aller Welt, mit dem drohenden Einsatz von Atomwaffen. Der totale Krieg der USA hat das Potenzial, die Welt in Schutt und Asche zu legen. Immerhin – um das Klima müsste man sich dann keine Sorgen mehr machen.
Und dieser Krieg würde auch nach Europa zurückkehren, nicht nur in Form von Flüchtlingen. Auch die europäischen Imperialismen, ob nun in der EU oder außerhalb, verfolgen ihre geopolitischen Interessen in Asien, Afrika und Lateinamerika. In der NATO sind sie bislang willfährige Lakaien der USA, sie decken deren Verbrechen, unterstützen sie dabei und tragen die antirussische und antichinesische Eskalation mit.
Die USA wollen den Krieg, sie brauchen den Krieg. Im Inneren des Landes spitzt sich die gesellschaftliche Lage aufgrund der kapitalistischen Ausbeutung und Unterdrückung zu. Die USA benötigen den ungehinderten Zugriff auf Rohstoffe und Transportwege, sitzen aber auf einer gigantischen Dollarblase. Gleichzeitig gerät man gegenüber China sowie zumindest regional wirksamen Entwicklungen begrenzter Multipolarität immer mehr ins Hintertreffen. Objektiv bleibt nur die militärische Option, womit man alles auf eine – die letzte – Karte setzt: Endsieg oder Untergang.
Es gilt, diesen Krieg zu verhindern, soweit das noch möglich ist. Die Arbeiterklasse in den imperialistischen Staaten sowie die Völker der unterdrückten Länder verfügen über die Möglichkeiten, den imperialistischen Kriegstreibern und Verbrechern das Handwerk zu legen. Sie müssen für die Aufklärung der fehlinformierten Menschen wirken, für die Entlarvung der Kriegstreiber sowie ihrer tatsächlichen Interessen, für die Schaffung einer entschiedenen antiimperialistischen und breiten Friedensbewegung auf Basis von Massenmobilisierung und ‑aktionen; für Solidarität mit den Unterdrückten, Bedrohten und Angegriffenen; sie müssen sich gegen jeden Kriegsnationalismus und Herrenmenschen-Chauvinismus wenden; sie müssen die Demokratie, Menschen‑, Völker- und Selbstbestimmungsrechte verteidigen, gegen Aufrüstung und Militarisierung aktiv sein; sie müssen Interventionen, Okkupationen und Staatsterrorismus verurteilen; sie müssen die Schließung der NATO-Militärbasen und integrative Friedenspolitik gegenüber Russland fordern; sie müssen für den Austritt ihrer Länder aus den imperialistischen Bündnissen, in Europa v.a. NATO und EU, sowie für deren Auflösung kämpfen. Die kommunistischen und Arbeiterparteien der Welt sind gefordert, in einer solchen Bewegung an vorderster Front zu stehen – und auch den einzigen nachhaltigen Ausweg aus dem drohenden Szenario von Weltkrieg, Terrorismus, Faschismus und Genozid weisen, nämlich die Überwindung von Kapitalismus und Imperialismus. Nur die Welt des Sozialismus wird eine Welt des Friedens und der Völkerfreundschaft sein können. Neuerlich ist die Frage in aller Klarheit gestellt: Sozialismus oder Barbarei?