Beitrag der Partei der Arbeit Österreichs beim Europäischen Kommunistischen Treffen zum Thema „100 Jahre nach der Großen Oktoberrevolution. Kapitalismus, Monopole und EU führen zu Krisen, Kriegen und Armut. Sozialismus ist aktuell und notwendig“, Brüssel, 23. Januar 2017
Liebe Genossinnen und Genossen!
Wir möchten der Kommunistischen Partei Griechenlands und ihrer EU-Parlamentsgruppe dafür danken, dass sie abermals als Gastgeber das jährliche Europäische Kommunistische Treffen organisieren und damit unseren Parteien die Gelegenheit geben, unsere Erfahrungen auszutauschen und unsere Analyse gegenwärtiger Entwicklungen zu diskutieren.
Wie wir alle wissen, markiert dieses Jahr den 100. Jahrestag der Großen Oktoberrevolution. Unsere Feier und Würdigung des großen Sieges des russischen Proletariats und der Bauernschaft muss als Ausdruck unserer Überzeugung von der Aktualität für den heutigen Kampf verstanden werden, Die Große Oktoberrevolution zeigte die Macht des Volkes und die historische Rolle der Arbeiterklasse. Sie war der deutlichste Ausdruck der Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus und eröffnete den Weg zur Überwindung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen.
Die Große Oktoberrevolution ist eng verbunden mit dem ersten großen imperialistischen Krieg des 20. Jahrhunderts und sie war das Ergebnis der revolutionären bolschewistischen Strategie, den imperialistischen Krieg in einen Bürgerkrieg gegen die herrschende Klasse umzuwandeln. Heute, da die Gegensätze zwischen imperialistischen Ländern, Monopolgruppen und bürgerlichen Fraktionen eskalieren und sogar die Möglichkeit eines allgemeinen Krieges realistisch erscheint, halten wir es für notwendig, unsere Aufmerksamkeit diesem zentralen Punkt zuzuwenden.
Die Kriegsfrage betrifft nicht nur Länder, die gegenwärtig in bewaffnete Zusammenstöße involviert oder davon bedroht sind. Abgesehen von den internationalen Dimensionen gegenwärtiger Konflikte wie jener in Syrien oder der Ukraine, können wir beobachten, dass sogar Länder wie Österreich, angeblich neutral, aber in Wirklichkeit in die Militärstrukturen der EU und NATO integriert, ihre Militärausgaben steigern, ihre bewaffneten Kräfte gemäß den Bedürfnissen heutiger imperialistischer Kriegsführung restrukturieren und versuchen, eine aktivere Rolle in regionalen und globalen Angelegenheiten zu spielen. Doch vor allem, wenn es um imperialistische Politik und Krieg geht, ist es absolut entscheidend, dass die internationalistische kommunistische Bewegung über eine einheitliche Position verfügt und einen gemeinsamen Kampf gegen die herrschende Klasse in jedem Land führt.
Unglücklicherweise gibt es einige Konfusion bezüglich des Charakters gegenwärtiger Krieg und der Position der Kommunisten ihnen gegenüber. Anscheinend wird oft ignoriert, dass „Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“ ist, was die einzige wissenschaftliche Grundlage darstellt, um den Krieg als integralen Bestandteil von Klassengesellschaften zu begreifen. Diese Vernachlässigung führt zur Preisgabe revolutionärer Politik und zu Schwankungen zwischen nationalistischen und pazifistischen Tendenzen. Es genügt nicht, Krieg lediglich als eine Folge der allgemeinen Funktion des Kapitalismus und schon gar nicht als Folge einer so genannten „gescheiterten Politik“ einzuschätzen, als wären Kriege ein Unfall oder als könnten sie womöglich vermieden werden. Krieg ist ein wahres politisches Instrument in den Händen der herrschenden bürgerlichen Klasse und ein Ausdruck der Verschärfung der Widersprüche, die der kapitalistischen Produktionsweise eigen sind. Daher ist es nicht möglich, gegenwärtige Kriege von einem anderen Standpunkt als von jenem der ökonomischen und politischen Interessen der bürgerlichen Klasse zu beleuchten.
Um unser politischen Vorhaben schlüssig zu formulieren und unsere Strategie gemäß dieses theoretischen Rahmens zu gestalten, können wir die Untersuchung gegenwärtiger Entwicklungen in militärischen Angelegenheiten, in konventioneller und unkonventioneller Kriegsführung nicht missachten. Die durchaus unterschiedlichen Formen des Krieges im 21. Jahrhundert verbergen oft ihren wahren Charakter und die Interessen, denen sie dienen. Diese Formen werden nicht als Teil des Ganzen, als Teil der Gegensätze zwischen verschiedenen imperialistischen Ländern, Monopolgruppen und Bourgeoisie-Fraktionen gesehen. Die bürgerliche Ideologie präsentiert sie als isolierte Vorfälle oder als Elemente so genannter „neuer Kriege“, die mit „Identitätspolitik“, kulturellen, religiösen oder konfessionellen Konflikten und „nichtstaatlichen Akteuren“ verknüpft seien, um die Rolle der bürgerlichen Staaten und Monopolinteressen zu verdecken. Andere versuchen, Kriege als gerecht oder ungerecht zu präsentieren, gemäß den Deklarationen der Kriegsteilnehmer. Die Wahrheit ist – ungeachtet der subjektiven Wahrnehmung und Absichten sowie der relativen Selbstständigkeit der verschiedenen Akteure –, dass die diversen Formen bewaffneter Gewalt in das imperialistische System integriert und Instrumente der herrschenden bürgerlichen Klasse sind. Es ist die politische Klassenherrschaft, die den Charakter des Krieges definiert.
Natürlich müssen wir die spezifischen Charakteristika und verschiedenen Phasen jedes Konflikts gemäß den involvierten Interessen betrachten. Da Krieg niemals ein isolierter Akt ist oder aus einem einzigen Schlag ohne Dauer besteht, werden Veränderungen in den politischen oder wirtschaftlichen Beziehungen ihre Auswirkung auf den Verlauf eines Krieges haben. Krieg stellt keine vollkommen andere Situation als „Frieden“ dar. Es ist unrichtig, zu irgendeinem Zeitpunkt anzunehmen, dass es keine Möglichkeit der Aussöhnung zwischen verschiedenen kapitalistischen Interessen geben könnte, oder zu vernachlässigen, dass imperialistische Bündnisse nur temporären Charakter haben. Jeder Krieg wird bestimmt durch politische Ziele, die durch die Interessen des Monopolkapitals und die objektiven ökonomischen Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise vorgegeben werden. Wir müssen daher die Entwicklungen der wirtschaftlichen und politischen Situation sowie die Veränderungen der bürgerlichen Politik auch im Verlauf eines einzelnen Konflikts sorgfältig beobachten. Allgemeine Erklärungen über den imperialistischen Charakter gegenwärtiger und zukünftiger Kriege sowie Friedensaufrufe sind nicht genug. Unsere Position gegenüber dem imperialistischen Krieg muss unserer revolutionären Verpflichtung entsprechen, unter allen Umständen eine Strategie zur Destabilisierung der bürgerlichen Klassenherrschaft zu verfolgen. Es ist notwendig, die involvierten Interessen darzulegen und zu den Interessen der Arbeiterklasse und des Volkes abzugrenzen. Es ist notwendig, zu deren eigenständiger Organisation des Kampfes beizutragen und den Einfluss der revolutionären Vorhut zu stärken.
Liebe Genossinnen und Genossen!
Die Situation der kommunistischen Bewegung in Europa ist bei weitem nicht zufrieden stellend. Die Konterrevolution in der Sowjetunion und den sozialistischen Ländern in Osteuropa sowie die Tatsache, dass wir unter nichtrevolutionären Bedingungen agieren, sind natürlich wesentliche Faktoren, die zur gegenwärtigen Situation beitragen. Aber das ist nicht ausreichend, um das Ausmaß unserer qualitativen und quantitativen Schwächen sowie die massive Ungleichheit zwischen den verschiedenen Ländern zu erklären. Um diese Situation zu überwinden, ist es notwendig, unsere theoretischen Ansätze weiterzuentwickeln, die praktischen und organisatorischen Prinzipien abermals anzueignen, die unsere Bewegung von den diversen opportunistischen politischen Kräften unterscheiden, sowie unseren Einfluss in der Arbeiterklasse und im Volk zu vergrößern. Wir sind der Ansicht, dass die Kooperation und Koordination zwischen den revolutionären kommunistischen und Arbeiterparteien auf vielen Ebenen ausgeweitet werden müssen. Es ist insbesondere wichtig, organisatorische Angelegenheiten hervorzuheben. Wenige Parteien können den Anspruch stellen, über den nötigen Organisationsgrad zu verfügen, um entscheidend im Interesse der Arbeiterklasse zu agieren. Diese Situation muss und kann selbstverständlich verändert werden. Wir sind optimistisch, dass das 100. Jubiläum der Großen Oktoberrevolution ein Anlass sein kann, um unsere Anstrengungen dahingehend zu intensivieren, die gegenwärtigen Schwierigkeiten zu überwinden und der Arbeiterklasse zu zeigen, dass der Sozialismus die einzige reale Alternative zur kapitalistischen Barbarei darstellt.
Parteivorstand der Partei der Arbeit Österreichs
Wien, 20. Januar 2017