And now for something completely different…

anders„Europa Anders“ will die EU anders machen
Zwei Klein- und eine Kleinstpartei haben sich zusammengetan, um das bunte Fußvolk für die Wiederwahlkampagne des österreichischen EU-Abgeordneten Martin Ehrenhauser zu spielen. „Europa Anders“ nennt sich die wahlwerbende Gruppierung, die nun irgendwie liberal-sozial-digital daherkommt.
Im – natürlich immer noch recht liquiden – Wahlprogramm gibt es zunächst analytische Gemeinplätze, um Naheliegendes für „Europa“ (gemeint ist die EU) zu fordern: Menschen‑, Frauen- und Tierrechte, Umweltschutz, Demokratie, soziale Sicherheit, Frieden, Privatsphäre und Gratisbreitbandinternet. Das sind, letzteres vielleicht ausgenommen, zugegebenermaßen nun nicht unbedingt Dinge, wo alle anderen Parteien entrüstet aufspringen und schreien: „Sicher nicht!“. Das gilt auch für den Ansatz: Die EU sei das Mittel, um dies umzusetzen. Allerdings müsse man hierfür die EU freilich grundlegend ändern, damit sie eben anders wäre. Das ist zumindest insofern mutig, als man zuvor feststellt, man befände sich mit dieser EU in einer Sackgasse. Man will also in ein anderes, geändertes Transportmittel umsteigen. Doch die schönste Karosserie und der beste Hybridantrieb werden nichts am Charakter der Straße ändern – die bleibt eine Sackgasse. In einer Sackgasse gibt es nur eine Möglichkeit, nämlich umzukehren. Die traumwandlerische Inkonsequenz, ein offenbar untaugliches Instrument immer noch verbessern zu wollen anstatt es auszutauschen, ist der strategisch reformistische, real utopistische und letztlich EU-gläubige Grundfehler der Ausrichtung von „Europa Anders“. Wo es etwas tatsächlich Anderes, eine radikale Alternative bräuchte, werden lediglich Veränderungen des Bestehenden angeboten.
Insgesamt und irgendwie kann das alles schon als allgemein links gelten. Für zwei der beteiligten Parteien bedeutet dies jedoch einen Schritt nach rechts, während die dritte ohnedies nie links war. Orientierten manche früher wenigstens noch auf eine solidarische Gesellschaft, so wünscht man sich nun nur noch eine „gute Gesellschaft“. Ob man mit Ehrenhauser wirklich in guter Gesellschaft ist, ist indessen ungewiss: Vom (Neo-)Liberalen StudentInnenforum LSF kommend, über Hans Peter Martin, die Kronen Zeitung und Wählertäuschung zum EU-Abgeordneten geworden, ist Ehrenhauser bestimmt kein Linker. Sein Abstimmungsverhalten in einigen Fragen (u.a. Atomenergie, Gehaltsentwicklung, diverse Initiativen von GUE/NGL-Parteien) war in der Vergangenheit nicht gerade progressiv, zuletzt billigte er auch den semifaschistischen Putsch in der Ukraine. Auch mal was Anderes für einen „linken“ Spitzenkandidaten.
Mit „Europa Anders“ ist wohl nur wenigen geholfen. Vor allem helfen sich die beteiligten Parteien selbst und gegenseitig, sowie natürlich Martin Ehrenhauser. Ein kämpferisches Projekt gegen das EU-System, gegen die asoziale Sozialdemokratie, gegen die soziale Demagogie der FPÖ oder gar gegen den Krisenkapitalismus ist das nicht. Soll’s aber offenbar eh nicht sein. Insofern passt das schon alles irgendwie zusammen. Mit dem Mandat wird es nicht klappen, somit können sich ab 26. Mai alle wieder anderem widmen. Als wahlberechtigter Mensch kann man allerdings schon am 25. Mai gewiss Erbaulicheres und Sinnvolleres tun, als „Europa Anders“ zu wählen.
Aus Sicht einer klassenkämpferischen und antiimperialistischen Linken ist angesichts „Europa anders“ abschließend nur festzustellen: Es muss ganz anders werden, damit es besser wird.

Tibor Zenker, stv. Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs

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