Angesichts des Kampfes der Föderation der Aleviten Gemeinden in Österreich (AABF) um ihre Anerkennung als eigenständige Religionsgemeinschaft unterstützen wir die Demonstration der AABF am 27.2.2016.
Treffpunkt: 14:00 Uhr Minoritenplatz (vor dem Bundeskanzleramt)
Die alevitische Religion hat sich zwischen dem 10. und 13. Jahrhundert im Zuge der zentralasiatischen Völkerwanderungen vom Iran aus bis nach Anatolien als eine eigenständige Glaubensrichtung verbreitet. Im Laufe des 13. Jahrhunderts begann sich der Alevismus zu organisieren und zu institutionalisieren.
Die alevitischen Dichter und Gelehrten stellten dabei bereits vor Jahrhunderten den Menschen in den Mittelpunkt und traten für ein friedvolles Zusammenleben aller Völker ein. Aufgrund dessen erklärten die Machthaber zu allen Zeiten den Alevismus zu einer feindlichen Glaubensrichtung wie zu bekämpfenden ideengeschichtlichen Tradition, und ihre Vertreter zu Menschen, die den Tod verdienen. Von Mehmed Ebussuud wiederum gab es im 16. Jh. denn auch die berühmt-berüchtigte Fatwa, die Aleviten seien die minderwertigsten Menschen, die es überhaupt gibt.
Dementsprechend sahen sich die Aleviten zeit ihrer Geschichte blutigen Massakern ausgesetzt. „Zuletzt“ etwa dem vom türkischen Fernsehen live übertragenen Sivas-Massaker von 1993, dem Dutzende AlevitInnen zum Opfer fielen. Eine Kette an Gemetzel, die sich in der jüngeren türkischen Geschichte vom Dersim-Massaker 1938 mit seinen über 120.000 Hingemordeten, über die Massaker von Maras 1978, Corum 1980 bis zu Gazi 1995 zieht.
Gleichwohl gaben die AlevitInnen ihren Glauben und Widerstand gegen Unrecht und mannigfache Formen der Unterdrückung historisch und aktuell nie auf. Entsprechend ist denn auch der Name ihres historischen Oberhaupts, Haci Bektas, zugleich untrennbar mit den Aufständen in Anatolien gegen das Osmanische Reich im 16. und 17. Jahrhundert verknüpft, wurde der sozialkritische alevitische Dichter Pir Sultan von den Herrschenden zum Tod verurteilt und waren die Alevitinnen und Aleviten jüngst in der Gezi-/Taksim-Protestbewegung aktiv.
In Erinnerung an die Opfer der zum Teil staatlich organisierten und/oder geduldeten Verbrechen an Alevitinnen und Aleviten pflegt die Föderation der Aleviten Gemeinden in Österreich denn auch mit ihrem fortdauernden Engagement für die „Vergegenwärtigung des Vergangenen“ öffentlich das Andenken. Sie setzt ein Zeichen gegen das Vergessen, gegen die Relativierung und Verharmlosung von (staatlichen) Gewaltverbrechen, gegen das Fortbestehen rechter, nationalistischer Ideologien und religiösen Fundamentalismus im Alltag und Gesellschaft.
Die jahrelangen Bestrebungen des Kultusamtes, die Mitglieder der Föderation der Aleviten Gemeinden in Österreich (AABF) unter der Schirmherrschaft der Islamischen Alevitischen Glaubensgemeinschaft zu assimilieren und jetzt definitiv der islamischen Konfession zu subsumieren zu trachten resp. andernfalls ihr religiöses Bürgerrecht im Land abzusprechen zu drohen, stehen im eindeutigen Widerspruch sowohl zur österreichischen Verfassung (Art. 2 StGG, Art. 7 B‑VG), als auch zur Europäischen Menschenrechtskonvention (Art. 9).
Der Antrag der AABF von 2009 auf Erwerb der Rechtspersönlichkeit als staatlich eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft ist seit 2015 beim Bundesverwaltungsgericht anhängig und wird von der Alevitischen Union Europa (als europäischer Dachverband mit 253 Mitgliedsgemeinden in 14 Ländern) und der Föderation der Aleviten-Bektaschiten (als türkischer Dachverband mit 193 Mitgliedsgemeinden) – national und international von insgesamt 446 alevitischen Gemeinden – vollinhaltlich unterstützt.
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Wir unterstützen das Ansinnen der Aleviten Gemeinde in Österreich (AABF), dass das Alevitentum – wie in Deutschland, Großbritannien, Dänemark, Schweden, den Niederlanden und in der Schweiz – auch in Österreich endlich als eigenständiger Universalglaube anerkannt wird!
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Das Alevitentum versteht sich als eigenständige Glaubensrichtung und ist keine islamische Konfession. Daher sagen wir als DemokratInnen und Linke, gemeinsam mit unseren alevitischen FreundInnen, nachdrücklich NEIN zur religiösen Repression einer virulenten Zwangsassimilierung des Alevismus sowie der unverhohlenen Drohung der ansonstigen Absprache seines Existenzrechts im Lande durch das Kultusamt des Bundeskanzleramtes!
Aufruf: ADHF (Föderation der Demokratischen Rechte in Österreich), ATIGF (Föderation der ArbeiterInnen und Jugendlichen a. d. Türkei in Österreich), KOMintern (Kommunistische Gewerkschaftsinitiative – International), PdA (Partei der Arbeit Österreich), YDG (Neue Demokratische Jugend)