Die „rot“-blaue Koalition im Burgenland ist nicht das erste Techtelmechtel der SPÖ mit der FPÖ, mit dem rechtsextremen Rand, mit Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit, mit Deutschnationalismus und Faschismus. Eine kleine historische Übersicht von 1945 bis 2015.
Es war die SPÖ, die ab 1945 massiv um ehemalige Nazis warb – nicht nur als WählerInnen, sondern auch als Parteimitglieder. Hunderte Nazis, darunter sogar schwerbelastete NSDAP‑, SA- und SS-Mitglieder sowie Gestapo-Beamte, machten mit der und durch die SPÖ in der Zweiten Republik Karriere. Recht bekannt ist das Beispiel des NS-„Euthanasie“-Arztes Heinrich Gross.
Es war die SPÖ, die nach 1945 rasche Entschädigungen und Restitutionen für bzw. an jüdische NS-Opfer verhinderte und versuchte, diese bewusst „in die Länge zu ziehen“ (SPÖ-Innenminister Oskar Helmer, 1948). Dabei wurden in der SPÖ auch antisemitische Unterstellungen bemüht.
Es war die SPÖ – unter ihrem Vorsitzenden Adolf Schärf –, die 1949 vehement die Gründung des VdU unterstützte, der Vorläuferpartei der FPÖ, in der ehemalige (?) Nazis und Deutschnationale gesammelt und organisiert werden sollten.
Es war die SPÖ – sodann unter ihrem Vorsitzenden Bruno Kreisky –, die ihre Minderheitsregierung 1970 durch die FPÖ unter Führung von SS-Obersturmführer Friedrich Peter unterstützen ließ; die SPÖ revanchierte sich 1971 mit einer FPÖ-freundlichen Wahlrechtsreform, Kreisky selbst 1975 mit einer Diffamierungskampagne gegen Simon Wiesenthal, als dieser Peters Vergangenheit öffentlich thematisierte.
Es war die SPÖ, die ab 1971 gleich vier Minister in die Bundesregierung – SPÖ-Alleinregierungen, wohlgemerkt – setzte, die über eine aktive NS-Vergangenheit verfügten.
Es war die SPÖ, die als erste Partei die FPÖ auf Bundesebene in eine Koalitionsregierung holte: Ab 1983 amtierte das SPÖ/FPÖ-Kabinett unter Fred Sinowatz mit drei FPÖ-Ministern und drei FPÖ-Staatssekretären.
Es waren SPÖ-Innenminister wie Franz Löschnak (1989−1995) oder Karl Schlögl (1997−2000), die auch in „rot“-schwarzen Regierungen eine Fremden- und Asylpolitik umsetzten, die weitgehend den Vorstellungen der FPÖ und Jörg Haiders entsprach.
Es war die SPÖ, die 2004 in Kärnten ein Arbeitsübereinkommen mit der FPÖ schloss und bis 2006 als Juniorpartner einer faktischen Koalition mit der FPÖ bzw. dem BZÖ unter Landeshauptmann Jörg Haider fungierte.
Es ist seit 2007 wieder eine SPÖ-geführte Bundesregierung, die für alle Schweinereien der ÖVP-InnenministerInnen mitverantwortlich ist – im Ministerrat (seither unter Leitung der SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und Werner Faymann) werden nur einstimmige Beschlüsse gefasst. Das Massensterben im Mittelmeer, Schubhaft und Abschiebepraxis, Massenlager und Zeltlager sind also auch SPÖ-Politik.
Das war vor wenigen Tagen der (unvollständige) Stand der Dinge. Nun, im Juni 2015, gibt es im Burgenland eine SPÖ/FPÖ-Koalition auf Landesebene. Wer (innerhalb und außerhalb der SPÖ) davon überrascht ist und glaubt(e), die SPÖ sei in irgendeiner Weise ein Garant gegen die FPÖ, gegen Menschenrechtsverletzungen, gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, sollte Geschichte lernen. Nämlich die der SPÖ.
Tibor Zenker, stv. Vorsitzender Partei der Arbeit Österreichs