Ehre dem Andenken der Februarkämpferinnen und Februarkämpfer!

OLYMPUS DIGITAL CAMERARede von Hannes Fellner, Vorsitzender der PdA Wien, bei der Kundgebung zum 80. Jahrestag der Februarkämpfe (14.2., Maria-Restituta-Platz):
Liebe Genossinnen und Genossen,
Der 12. Februar 1934, an dem sich die fortschrittlichsten Teile der österreichischen Arbeiterklasse bewaffnet gegen die Errichtung der offen terroristischen Herrschaft der reaktionärsten Teile des österreichischen Monopolkapitals zur Wehr setzten, stellt einen Knotenpunkt in der Geschichte des Klassenkampfes der österreichischen und internationalen Arbeiterklasse, der Entwicklung der österreichischen Arbeiter- sowie und kommunistischen Bewegung dar.
Um die Februarkämpfe und die Niederlage des österreichischen Proletariats verstehbar und für die heutigen Bedingungen des Klassenkampfes nutzbar zu machen, ist es notwendig, sich mit ihrer Vorgeschichte sowie ihren Folgen zu befassen, sie historisch einzuordnen und Verallgemeinerungen aus den positiven sowie den negativen Erfahrungen zu ziehen.
Die Vorgeschichte des 12. Februar beginnt im Jahre 1918. Der Widerhall der Großen Sozialistischen Oktober Revolution war in der österreichisch-ungarischen Monarchie, die direkt an Russland grenzte, besonders groß. Die Arbeiter Österreich-Ungarns forderten, mit den Ausbeutern “russisch” zu reden. Da und dort setzte man diese Forderung in die Tat um. Die Monarchie brach zusammen, Österreich-Ungarn zerfiel in seine nationalen Bestandteile. Doch die in der österreichischen Geschichte wohl günstigste Situation für die Errichtung der Arbeitermacht ging ungenützt vorüber, weil keine revolutionäre Partei existierte, welche die Führung im Kampf hätte übernehmen können. Die Führung der sozialdemokratischen Partei, welche die Zukunft der deutschsprachigen Gebiete in einem Großdeutschland sah, strebte eine bürgerlich-demokratische Republik an, verhandelte mit Vertretern von Krone, Kirche und Kapital, während unzählige Arbeiter in den Betrieben die Errichtung der Diktatur des Proletariats forderten.
Wenige Monate nach der Gründung der Kommunistischen Partei am 3. November 1918, fanden trotz Diffamierungen von Seiten der Sozialdemokratie Zehntausende Arbeiter den Weg in die Reihen der KPÖ, die zu einem bedeutenden Faktor in der sich entfaltenden Rätebewegung wurde. Aber statt eine sozialistischen Räterepublik wie in Ungarn, Bayern und anderen Teilen Deutschlands zu errichten, trugen Otto Bauer und Konsorten, indem sie die revolutionäre Begeisterung der Massen bremsten, zur Errichtung einer bürgerlich-parlamentarischen Demokratie bei, in der sich die Bourgeoisie ungehindert wieder zur herrschenden Klasse aufschwingen konnte. In den 20er Jahren wurde Zug um Zug der politische Einfluss der Arbeiterklasse zurückgedrängt. Die junge KPÖ, der es an ideologischer Klarheit und politischer Erfahrung mangelte, war nicht in der Lage diese Entwicklung aufzuhalten, und verlor den Großteil ihrer Mitglieder.
Während die Sozialdemokraten in den 1920er Jahren noch stolz auf ihre Wahlerfolge hinwiesen, rüstete die kapitalistische Reaktion schon zu weiteren Schlägen, mit denen schließlich alle bürgerlich-demokratischen Einrichtungen beseitigt werden sollten. Im Juli 1927 begann sich die sozialdemokratische Vorstellung vom friedlichen Hinüberwachsen in den Sozialismus entgültig als Illusion zu erweisen.
Mit dem Freispruch der Arbeitermörder von Schattendorf und der blutigen Niederschlagung der darauffolgenden Massendemonstrationen lieferte der 15. Juli 1927 der Reaktion den Beweis, dass es möglich war die sozialen und politischen Errungenschaften der Arbeiterklasse zu beseitigen, “den revolutionären Schutt wegzuräumen”, wie dies der christlichsoziale Bundeskanzler Prälat Ignaz Seipel bildhaft formulierte. Insofern stellt dieses Ereignis einen Einschnitt in der Geschichte der ersten Republik dar. Von nun an gingen die faschistischen Kräfte in die Offensive.
Beim Begräbnis der Opfer von Schattendorf warnte der KPÖ-Vorsitzende Johann Koplenig:
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“Der Faschismus marschiert. Er rüstet, ermutigt durch die Juliniederlage der Arbeiterschaft, zu neuen Morden. Die österreichische Arbeiterschaft ist nicht geschlagen, wenn sie die richtigen Lehren zieht und ihren Weg ändert.”
Die Führung der Sozialdemokratie änderte ihren Weg nicht, zog keine Lehren aus den Ereignissen des 1927er Jahres, im Gegenteil. Zwar verkündeten ihre Führer, die Sozialdemokratie werde der Reaktion mit Mitteln der Diktatur entgegentreten, die Sozialdemokraten stünden Gewehr bei Fuß, bereit die Diktatur des Proletariats zu errichten sollten die Kapitalisten weiter gegen die Arbeiterklasse und ihre Verbündeten vorgehen, sollten sie die Demokratie beseitigen wollen. Doch die Sozialdemokratie wich immer weiter zurück, lehnte eine von der KPÖ vorgeschlagene Einheitsfrontpolitik stets ab und nahm die Faschisierungsschritte fast widerstandslos hin.
Als das Parlament im März 1933 de facto aufgelöst wurde, gelang es der SPÖ, die Massen, denen es um den Erhalt der bürgerlichen Demokratie ging, vom Kampf abzuhalten, indem sie abwiegelte, beschwichtigte und keinerlei Kampfesbereitschaft signalisierte.
Das Verbot des Schutzbundes, der meisten Arbeiterorganisationen sowie der KPÖ wurde völlig kampflos hingenommen.
Als die faschistischen Kräfte im Februar 1934 eine weitere Provokation gegen die österreichische Arbeiterbewegung setzten und die revolutionären Massen sich militärisch zu Wehr setzten, zeitigte die klassenverräterische Politik der Sozialdemokratie trotz heldenhaften Kampfes zig-tausender Arbeiter ihre Folgen. Trotz militärisch äußerst günstiger Ausgangsbedingungen erlitt der Schutzbund wegen der selbstmörderischen Defensive eines Großteils seiner Führer im Kampf eine Niederlage.
Georgi Dimitroff schrieb in seinem Brief an die österreichischen Arbeiter:
“Nein, nicht der bewaffnete Kampf der österreichischen Arbeiterklasse war ein Fehler. Der Fehler Bestand darin, dass dieser Kampf nicht organisiert war und nicht auf revolutionäre, bolschewistische Weise geführt wurde. … Euer bewaffnete Kampf war dem Wesen nach ein Kampf um die Wiederherstellung der von Dollfuß gebrochenen Verfassung. Er ist nicht über diesen Rahmen hinausgegangen…”
Die Kommunistinnen und Kommunisten haben im Februar 1934 wie schon in den Jahren davor entschlossen und heldenhaft gekämpft. Im Anschluss an die bitteren Erfahrungen der Februarkämpfe 1934 war es eine hervorragende Leistung der KPÖ in den folgenden Monaten und Jahren, die klassenkämpferischen Teile der österreichischen Arbeiterklasse zu organisieren. Das konnte allerdings an der historischen Niederlage nichts mehr ändern und die österreichischen Austrofaschisten lieferten binnen weniger Jahre ihren maroden Staat dem deutschen Kapital und Nazifaschismus aus.
Die revolutionären Teile der österreichischen Arbeiterbewegung hatten in den 1930er Jahren die Gefahr des deutschnationalen Nazifaschismus in Österreich unterschätzt. Doch während die andere fortschrittliche Kräfte die österreichische Nation bis Mitte der 40er Jahre leugneten und damit der Nazipropaganda auch in den Reihen der Arbeiterklasse Vorschub leisteten, entwickelte die KPÖ (unter Federführung von Alfred Klahr in Übereinstimmung mit der KomIntern) um 1936 die Frage der österreichischen Nation theoretisch und schuf eine politische Linie für den Kampf um ein antifaschistisch-demokratisches Österreich.
Die heldenhaften Kämpfer und Kämpferinnen des 12. Februar 1934 legten aber auch den Grundstein für den Kampf der Interbrigadisten gegen die spanischen Faschisten und jene Partisaneneinheiten, die einen gewichtigen Beitrag für die Befreiung Österreichs vom Nazifaschismus leisteten.
Auch wenn heute in Österreich keine unmittelbare faschistische Gefahr besteht, müssen wir die wichtigste Lehre aus den Februarkämpfen 1934 beherzigen:
Ohne bewussten, offensiven Kampf der am meisten entschlossenen und klassenbewussten Teile der Arbeiterklasse wird uns der Klassenfeind Niederlage um Niederlage zufügen, wird der Sieg über den Faschismus nie ein endgültiger sein.
Den heutigen Großkoalitionären, die in unhistorischer, ja geschichtsverdrehender Manier irgendwelche Gräben zuschütten wollen und von geteilter Schuld schwafeln, müssen wir Antifaschisten, die wir in der Tradition der Kämpfe der Februar 34 stehen, nach wie vor zwei Entschuldigungen abringen: Der ÖVP für die Verbrechen ihrer Vorgängerpartei, deren prominentester Austrofaschist, der Diktator Dollfuß, nach wie vor den Parlamentsclub der ÖVP ziert. Und der SPÖ für das Zurückweichen und den Verrat ihrer Partei, die den Februarkämpfern damit in den Rücken gefallen ist.
Garscha und Hautmann schrieben in ihrem Buch über den Februar 1934:
“Als ein wichtiges Glied in der Kette des Abwehrkampfes der Arbeiterklasse gegen die Offensive des Faschismus auf die demokratischen Rechte und die Freiheit der Völker wird der Februar 1934 für immer ein Ruhmesblatt in der Geschichte der österreichischen und internationalen Arbeiterbewegung bleiben. Er stellt unter Beweis, dass die österreichische Arbeiterklasse große revolutionäre Traditionen besitzt, die heute, im Zeichen der in diesem Land herrschenden ‘Sozialpartnerschaft’ und der von ihr ausgehenden geistigen Atmosphäre, nur allzu leicht vergessen werden.”
In diesem Sinne gegen das Vergessen:
Ehre dem Andenken der Februarkämpferinnen und Februarkämpfer! ROTFRONT!

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