Rede von Tibor Zenker, Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs (PdA), bei der Eröffnung des Bennoplatzfestes, Wien-Josefstadt, 10. Juli 2021
Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen!
Ich darf euch auch nochmals „von höchster Stelle“ am Bennoplatz-Fest der Partei der Arbeit begrüßen. Benannt ist dieser Platz nach Benno Pointner, im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts Abt des Wiener Schottenstiftes. Als solcher war er nicht gerade ein Freund der damaligen Josephinischen Reformen in Österreich – und um von diesen in den Ordensprivilegien möglichst gering betroffen zu sein, gab es einen Kompromiss: Dieses geografische Gebiet – es waren damals noch Felder und Wiesen –, dieses Gebiet, das im Eigentum des Schottenstiftes stand, wurde 1801 vom lieben Benno an die Gemeinde Wien übergeben, damit hier eine Stadterweiterung vorgenommen werden konnte. Eigentlich hatten die Benediktiner geplant, auf diesem Platz die Breitenfelder Pfarre in Form einer neuen Kirche zu errichten. Wie wir wissen, steht diese jetzt ein bissel weiter stadtauswärts, und am Bennoplatz ist inzwischen als erfreulicher Ersatz für eine weitere Stiftspfarre vor einigen Jahren die PdA eingezogen. Also letztlich, auch wenn’s 200 Jahre gedauert hat, Kommunismus statt Katholizismus, mit freundlicher historischer Unterstützung durch Bruder Benno. Gut so, denn das können Wien und nicht zuletzt die Josefstadt durchaus gebrauchen.
Aber zurück zur Gegenwart und zum Ernst der Sache. Wir befinden uns inmitten einer großen kapitalistischen Krise. Sie manifestiert sich für viele Menschen aus der Arbeiterklasse durch Arbeitslosigkeit, Pleiten und Kurzarbeit, durch Einkommensverluste bei gleichzeitiger Teuerung, durch Mietrückstände und drohende Delogierungen, durch soziale Unsicherheit, die im schlimmsten Fall existenzgefährdend ist. Der Regierung fällt nichts Besseres ein, als Milliardenbeträge aus Steuergeldern in die Unternehmen und Konzerne zu pumpen, während eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes oder richtige Arbeitszeitverkürzung freilich strikt abgelehnt werden, im Gegenteil: Man will die Arbeiterklasse und nicht zuletzt die Arbeitslosen noch mehr unter Druck setzen, ohne dass es für diese eine Perspektive gäbe.
Die Regierung – und auch die Oppositionsparteien – behaupten, dass die Krise durch die Corona-Pandemie verursacht worden wäre. Doch das ist nicht wahr. Die Krise ist auf den Grundprinzipien der kapitalistischen Produktionsweise gesetzmäßig entstanden, sie war unausweichlich und wurde durch die Pandemie lediglich beschleunigt und z.T. verstärkt. Das Ausreden auf die Pandemie soll davon ablenken, dass der Kapitalismus nicht funktioniert, dass er nicht in der Lage und nicht willens ist, der arbeitenden Bevölkerung sichere Arbeitsplätze, anständige Löhne und würdiges Wohnen, ein gerechtes Sozial‑, Bildungs‑, Pensions- und Gesundheitswesen zu garantieren. Das alles kann nur der Sozialismus.
Doch es sollen auch noch ein paar konkretere Dinge vertuscht werden: Die Corona-Pandemie konnte nur deshalb ihre Gefährlichkeit entfalten, weil die herrschenden Parteien – und zwar alle etablierten Parteien, inklusive der SPÖ – seit Jahrzehnten das Gesundheitssystem kaputtgespart haben. Immer hieß es man, müsse bei der Anzahl der Spitalsbetten, der Krankenhausstandorte und der Stationen, beim medizinischen Personal und Gerät sowie Medikamenten sparen – und all dies fehlte sodann im Frühjahr 2020. Viele der Corona-Toten und ‑Geschädigten sind nicht Opfer einer Viruserkrankung geworden, sondern der Unfähigkeit des Kapitalismus, damit umzugehen. Denn wenn immer nur der maximale Profit zugunsten des Kapitals und zulasten der Bevölkerung im Vordergrund steht, dann ist dies das logische Ergebnis. Und dies zeigt auch, dass alle Parteien in Stadt, Land und Bund nur das Geschäft des Kapitals betreiben, auch die scheinbar „sozialeren“, denn diese sind auch nur ein Ablenkungsmanöver zur Ruhigstellung und Gängelung der Arbeiterklasse, schlussendlich immer unter den falschen Prämissen der „Sozialpartnerschaft“.
Wir wissen: Es braucht Klassenkampf statt Sozialpartnerschaft. Momentan erleben wir aber nur den Klassenkampf von oben, durch das Kapital und seine Verbände, durch die herrschenden Parteien sowie Konzernmedien. Das Monopol- und Finanzkapital will sich in der Krise sanieren, die Bevölkerung soll bezahlen. Demgegenüber lautet unser Slogan: Wir zahlen nicht für eure Krise! Realisieren kann man eine solche Ankündigung freilich nur durch den erfolgreichen Klassenkampf von unten, durch die Mobilisierung, Aufklärung und Organisierung der Arbeiterklasse für seine eigenen Interessen, gegen das Kapital, gegen Ausbeutung und Unterdrückung. Das ist eine große Aufgabe, doch es ist unsere Aufgabe, der wir uns stellen müssen, egal wie schwierig sie gegenwärtig auch erscheinen mag.
Denn letztlich geht es natürlich auch um mehr als nur die Verteilung der Lasten der Krise. Es geht aber auch nicht nur darum, sich gegen die Angriffe des Kapitals zu verteidigen, sondern in die Offensive für tatsächlich Reformen zu gelangen und diese zu erkämpfen, gegen den Widerstand des Kapitals und seiner politischen Lakaien. Aber auch das ist bei weitem nicht alles: Der revolutionäre Klassenkampf findet seinen Höhepunkt in der sozialen Revolution der Arbeiterklasse, im Sturz der bürgerlichen Ordnung, in der Enteignung des Kapitals und im Aufbau des Sozialismus. Das ist die historische Mission: Nicht Armuts- und Kapitalismusverwaltung, sondern die vollständige und nachhaltige Überwindung des Systems der Ausbeutung und Unterdrückung, der Krisen und Kriege. Nur auf dieser Grundlage ist die Befreiung der Menschheit und die Verwirklichung der klassenlosen Gesellschaft möglich. Daher steht dies im Mittelpunkt unseres Denkens und Handelns, während allerlei opportunistische und reformistische Kräfte links der SPÖ dafür bestenfalls ein paar Lippenbekenntnisse übrighaben – und manche nicht einmal mehr das. Deshalb braucht es die PdA als marxistisch-leninistische Partei der österreichischen Arbeiterklasse. Ohne eine solche Partei wird es keine Revolution und keinen Sozialismus geben. Das ist weder Anmaßung noch Selbstläufer, sondern die wissenschaftliche Einsicht in die Bedingungen der Klassengesellschaft und ihrer geschichtlichen Veränderung.
Dieser Auf- und Ausbau der PdA zu einer relevanten Kraft und geschweige denn der Sturz der Kapitalherrschaft werden nicht heute gelingen – heute sowieso nicht, denn heute findet einmal ein Fest statt. Es wird uns auch nicht morgen gelingen, denn wir müssen unsere gegenwärtigen Kräfte schon realistisch einschätzen. Wir wissen, dass es viele Mühen und Anstrengungen und eben Zeit kosten wird, doch wir verfügen über die nötigen Mittel, das Bewusstsein und das Werkzeug des Marxismus-Leninismus. Wir haben seit unserem letzten Parteitag einige Fortschritte gemacht, und über die können wir uns bei der heutigen Veranstaltung schon mal freuen und sie würdigen, auch wenn sie nicht ausreichen. Und morgen wird dann wieder die engagierte Arbeit fortgesetzt, die uns zuletzt ausgezeichnet hat.
Ich komme zum Schluss. Wir stehen noch ein wenig unter dem Eindruck der Ereignisse in der BRD in den letzten beiden Tagen – dort bemüht man sich gerade, übrigens mit Unterstützung der KPÖ-Schwesterpartei „Die Linke“ im Bundeswahlausschuss, die Deutsche Kommunistische Partei als Partei zu zerstören, indem ihr der diesbezügliche Status aberkannt werden soll. Die PdA erklärt ihre vollständige Solidarität mit der DKP und fordert, dass dieser Repressionsversuch beendet wird. Doch dieses angestrebte „kalte Verbot“ der DKP zeigt auch, dass die Herrschenden die kommunistische Bewegung, die revolutionäre Bewegung für den Sozialismus fürchten, sogar, wenn sie klein, schwach und im Aufbau befindlich ist – denn sie ist schließlich das Einzige, was den Kapitalismus gefährden kann. Also arbeiten wir weiter an unserer Gefährlichkeit! Der revolutionäre Klassenkampf lässt sich nicht verbieten – und er wird schlussendlich siegen. Die Geschichte gehört uns, die Zukunft gehört uns! Das Kapital mag uns noch so viele Steine in den Weg legen, und es missbraucht Pandemie und Krise dafür – wir werden diese Steine aber auflesen und dem vermeintlichen Goliath entgegenschleudern. Denn David gewinnt – das wusste schon Bruder Benno, nach dem dieser Platz hier benannt ist. Freiheit!