„Gegen Faschismus und Kapitalismus! Ehre den Februarkämpfern!“

Rede des PdA-Vorsitzenden Tibor Zenker bei der Gedenkkundgebung der Partei der Arbeit Österreichs und der Jugendfront zum 90. Jahrestag der Februarkämpfe 1934, Linz, 10. Februar 2024.

Liebe Genossinnen und Genossen! Liebe Freundinnen und Freunde!

Wir sind zusammengekommen, um der 90. Jahrestage der Februarkämpfe von 1934 zu gedenken. Am 12. Februar 1934 begann hier in Linz der bewaffnete Widerstandskampf der österreichischen Arbeiterklasse gegen den Faschismus, der sich bald nach Wien und in die Industriegebiete anderer Bundesländer ausdehnte.

Doch es waren insgesamt nur wenige, die sich den Austrofaschisten um Kanzler Dollfuß entgegenstellten. Revolutionäre Teile der Basis des Schutzbundes, der Sozialdemokratie, der Gewerkschaften und der Jugend sowie, wo möglich, auch Kommunisten waren am 12. Februar 1934 nicht mehr bereit, der Kapitulationspolitik der sozialdemokratischen Parteiführung zu folgen. Gegen deren ausdrücklichen Willen eröffneten der MG-Schütze Rudolf Kunst und seine Kameraden vom Hotel Schiff aus das Feuer auf jene Polizei- und Heimwehrverbände, die auf der Linzer Landstraße zu einer Razzia vorgefahren waren. Dies war der Beginn des kurzen österreichischen Bürgerkrieges. Wir wissen, dass er mit einer Niederlage endete, doch das historische Verdienst der heroischen Linzer Arbeiterklasse, als erste im antifaschistischen Widerstand zu den Waffen gegriffen zu haben, bleibt unauslöschlich.

Dies impliziert auch jenen Genossen, nach dem dieser Platz hier seit 1946 benannt ist. Anton Bulgari, Brauereiarbeiter und Schutzbundmitglied, errichtete an dieser Stelle mit seinen Mitkämpfern am 12. Februar 1934 Barrikaden. Als sich ein Wagen mit Bundesheeroffizieren näherte, zog ein Oberleutnant seine Pistole, um auf die Arbeiter zu schießen – doch diese waren schneller. Drei Armeeangehörige wurden bei dieser Konfrontation getötet. Nach dem Sieg der Austrofaschisten wurde Bulgari von einem Standgericht des Mordes angeklagt, verurteilt und am 22. Februar hingerichtet. Wir erinnern heute nicht zuletzt an diesen austrofaschistischen Siegerjustizmord und an dessen Opfer, den Februarkämpfer und Helden der österreichischen Arbeiterklasse, Anton Bulgari. Ehre seinem Andenken!

In diesem Kontext sagen wir auch klar und deutlich: Die Mär der „geteilten Schuld“, auf die sich nach 1945 die kollaborierende SPÖ und die postfaschistische ÖVP geeinigt haben, lehnen wir ab. Es waren die „Christlichsoziale“ Partei und die Heimwehrbewegung, die in Österreich 1933 das Parlament ausgeschaltet, den Schutzbund und die KPÖ verboten haben und daran gingen, eine faschistische Diktatur zu errichten. Der Widerstand dagegen – auch der bewaffnete – war nicht nur legitim, sondern notwendig. Eine „geteilte Schuld“ zwischen Faschismus und Antifaschismus kann es niemals geben. Wir werden nicht vergessen, dass jene Partei, die für den Austrofaschismus, für bombardierte Gemeindebauten und hunderte ermordete Arbeiterinnen und Arbeiter verantwortlich ist, die Hauptpartei des Großkapitals ist, die auch heute noch existiert, nämlich unter dem Namen ÖVP.

Die Sozialdemokratie trägt ihrerseits eine andere Verantwortung. Aufgrund ihrer revisionistischen und reformistischen Ausrichtung war sie nicht in der Lage, die Arbeiterklasse für den konsequenten Kampf gegen den Faschismus und für den Sozialismus zu organisieren und zu mobilisieren. Sie vertrat den Irrglauben, man müsse bei bürgerlichen Wahlen eine Parlamentsmehrheit erlangen, mit der man den Sozialismus einführen würde. Diese Theorie, wenn es denn überhaupt eine ist, haben die Bundesheerkanonen des Februar 1934 in aller Deutlichkeit widerlegt. Doch man konnte schon zuvor wissen, dass der Sozialismus die revolutionäre Machtübernahme der organisierten Arbeiterklasse und die Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates verlangt. Die damals noch marxistisch-leninistische KPÖ wusste es, verfügte aber nicht über genug Einfluss in der Arbeiterklasse. Und so kam es, dass die SDAP die Arbeiterklasse entwaffnete, im übertragenen und im wörtlichen Sinn. Am 12. Februar 1934 begingen SP-Funktionäre vielerorts Verrat oder verunmöglichten die Ausgabe von Waffen an die kampfbereiten Schutzbundmitglieder. Die Parteiführung, der die Kämpfe aufgezwungen wurden, setzte sich nach Tschechien ab. Unter diesen Bedingungen war ein erfolgreicher Aufstand im Prinzip fast unmöglich.

Und es war auch kein Aufstand im marxistischen Sinn, auch wenn mancherorts diese falsche Terminologie verwendet wird. Der bewaffnete Aufstand ist ein offensives Unterfangen, das Polizei- und Armeestationen angreift, um weitere Waffen zu besorgen, das Verkehrsknotenpunkte und Massenkommunikationsmittel sichert, das Verwaltungs- und Regierungsgebäude übernimmt. Doch die Februarkämpfer erreichten nie die Wiener Innenstadt, zumeist blieb man sogar außerhalb des Gürtels. Die SP-Führung hatte die Arbeiterklasse politisch bereits so weit in die Defensive geführt, dass auch der „Aufstandsversuch“ fast überall nur noch eine Defensivoperation war. Die Kämpfer verschanzten sich in Parteiheimen und Gemeindebauten und verteidigten diese heroisch, doch wurden sie dort nacheinander von der Armee ausgebombt und überwältigt. Nur in einzelnen Fällen, etwa in Floridsdorf oder Bruck an der Mur, unternahmen die Schutzbündler tatsächlich offensive Aktionen, die sie faktisch vorübergehend lokal an die Macht brachten. Mit dem Eintreffen neuer Armeeeinheiten konnten aber auch diese Bastionen nicht gehalten werden.

Es gab also mehrere Faktoren, die zur Niederlage führten: Die politische Kapitulation der SP-Führung, der punktuelle Verrat von SP-Funktionären, mangelnde Bewaffnung, aber eben auch eine falsche Strategie des Schutzbundes. Damit verbunden waren auch der nicht durchgeführte Generalstreik sowie die verbreitete Ansicht, der Schutzbund könne „stellvertretend“ für die Arbeiterklasse kämpfen – und siegen. Gegen die Übermacht von Armee, Polizei und Heimwehrverbänden war dies nichts möglich.

Nichts davon schmälert den Heldenmut der Februarkämpfer. In einer verzweifelten Situation entschloss man sich zu einem vielleicht verzweifelten Versuch. Doch die Februarkämpfer weigerten sich, zu kapitulieren; sie weigerten sich, den Faschismus kampflos siegen zu lassen; und sie weigerten sich, dem Irrweg der SP-Führung weiter zu folgen. Daher markierte der Februar 1934 auch eine gewisse vorübergehende Machtverschiebung in der Arbeiterbewegung: Viele enttäuschte Arbeiterinnen und Arbeiter verließen die Sozialdemokratie und schlossen sich der KPÖ an, die ihren Mitgliederstand nach den Februarkämpfen vervierfachte. So war es ihr möglich, im weiteren Kampf gegen den Austrofaschismus, v.a. aber gegen den deutschen Faschismus zur wichtigsten Säule des österreichischen Widerstandes zu werden.

Welche Erkenntnisse können wir nun mitnehmen, 90 Jahre nach den Februarkämpfen? – Zunächst erscheint es wesentlich, die richtige Faschismusanalyse zu haben: Der Faschismus als offene, terroristische Diktatur der aggressivsten Teile des Monopolkapitals steht nicht über den Klassen. Er ist eine Herrschaftsform des bürgerlichen Staates, im bürgerlichen Staat. Nicht die Herrschaft ändert sich, sondern nur die Form. Der Faschismus fällt nicht vom Himmel, sondern er ist auf bürgerlicher Seite eine Konsequenz des Klassenkampfes gegen die Arbeiterklasse und den Sozialismus. Das bedeutet Folgendes: Man wird den Faschismus nicht mit den Mitteln des bürgerlich-kapitalistischen Staates verhindern, denn er ist ein Werkzeug genau dieser Herrschaft. Das Gegenstück zum Faschismus ist nicht eine klassenneutrale „Demokratie“, denn diese gibt es nicht, sondern letztlich nur der Sozialismus in seinem Doppelcharakter als vollständige demokratische Herrschaft der Arbeiterklasse und Diktatur des Proletariats. So sehr wir also gemeinsam mit allen antifaschistischen Kräften vorbehaltslos gegen den Faschismus kämpfen, so wissen wir, dass nur der Sozialismus den Faschismus für immer verhindern kann. Und so ist die finale, aber vielleicht wichtigste Schlussfolgerung aus dem Februar 1934: Es braucht eine starke marxistisch-leninistische Kampfpartei der Arbeiterklasse, um die Forderung „Nie wieder Faschismus!“, nachhaltig Wirklichkeit werden zu lassen.

In diesem Sinne: Gegen Faschismus und Kapitalismus! Ehre den Februarkämpfern! Freiheit!

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