Februar 1934: Lehren für die Gegenwart und Zukunft

Redebeitrag von Tibor Zenker, Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs (PdA), bei der „Februar 1934“-Gedenkkundgebung beim Karl-Marx-Hof, Wien-Döbling, 12. Februar 2021

Ich muss nach meinen Vorrednern nicht nochmals auf die Details der Februarkämpfe von 1934 eingehen, daher möchte ich stattdessen über einige Konsequenzen, Lehren und Schlussfolgerungen aus den historischen Erfahrungen sprechen, die auch für die Gegenwart relevant sind und bleiben werden.

Die Februarkämpfe 1934 und ihr Ausgang zeigen den Charakter und die Bedeutung der bürgerlichen Staatsmacht. Der Staat steht nicht neutral über den Klassen, er ist ein Unterdrückungsmittel der herrschenden Klasse, der Bourgeoisie. Der imperialistische Staat im Speziellen ist das Herrschaftsinstrument des Monopol- und Finanzkapitals. Niemand möge also glauben, dieser bürgerliche Staat wäre für die Arbeiterklasse zu instrumentalisieren und über Wahlen in einen sozialistischen Staat zu transformieren, wie es die Sozialdemokratie vor 1934 propagierte, wie es andere heute behaupten. Der bürgerliche Staat und der Kapitalismus sind lediglich auf dem Wege das Klassenkampfes und der sozialistischen Revolution zu überwinden und durch einen sozialistischen Staat, die Diktatur des Proletariats, zu ersetzen.

Im Rahmen des Imperialismus ist der Faschismus eine, eben die konsequenteste Herrschaftsform ein und desselben Monopolkapitals, das auch im bürgerlichen Parlamentarismus herrscht. Im Februar 1934 rächte sich das falsche Faschismusverständnis der Sozialdemokratie. Wer den Faschismus als zwischen den Hauptklassen der kapitalistischen Gesellschaft stehend oder als Bewegung radikalisierter Kleinbürger sieht, wird ihn auch nicht bekämpfen können. Das österreichische Beispiel zeigt außerdem, dass der Faschismus nicht unbedingt auf dem Wege rechtsextremer oder gar so genannter „rechtspopulistischer“ Bewegungen „von unten“ droht und an die Macht kommen muss, sondern dass die faschistische Diktatur letztlich seitens des bürgerlichen Staatsapparates „von oben“ eingesetzt wird, mit faschistischer Massenorganisation oder ohne. Und so geht auch heute die Gefahr einer vermehrt autoritären Politik in Österreich nicht unbedingt von neofaschistischen Gruppierungen aus, sondern seitens derer, die dieses Mittel benötigen – das sind, insbesondere in Zeiten ökonomischer und sozialer Krisen, das Kapital und seine Hauptpartei (einst die Christlichsoziale Partei, heute die ÖVP), das sind der Militarismus und der Staatsapparat, den sich die ÖVP mit der Sozialdemokratie formell teilt.

Wenn es einen Hauptgrund für die Niederlage vom Februar 1934 gibt, so war es – ebenso wie bei der verpassten revolutionären Situation 1918 – das Fehlen einer marxistischen, revolutionären Kampfpartei, die breit in der der Arbeiterklasse verankert ist. Die Sozialdemokratische Partei wollte dies nicht sein, die damalige kommunistische Partei konnte es – trotz ihrer Entwicklungsfortschritte in den vorangegangenen Jahren – nicht sein. Folgende Lehren sind zu ziehen: Man möge sich seitens der gegenwärtigen kommunistischen Organisationen hüten, den gescheiterten Irrweg des Austromarxismus, d.h. letztlich des Revisionismus und Reformismus, hinterher zu humpeln. Eine kommunistische Organisation hat nur dann einen Wert als solche, wenn sie auf dem Fundament des Marxismus-Leninismus wirkt, sich zum Klassenkampf und zur Arbeiterpolitik bekennt, wenn sie den Sozialismus nicht nur als konturloses utopistisches Fernziel ausgibt. Eine kommunistische Organisation, die sich auf der Suche nach einem illusionären neuen gesellschaftlichen Subjekt immer mehr von der Arbeiterklasse entfernt, die kaum andere Aufgaben als bürgerlich-demokratische Wahlkämpfe oder karitativ-paternalistische Kapitalismusverwaltung annimmt, die die letzten Bastionen in der Arbeiterschaft bereitwillig preisgibt und sich mit den Grünen und Liberalen um deren Klientel streiten will, hat keinen langfristigen Auftrag. Sie wird somit auch – und das ist eine weitere Lehre – niemals jene nachhaltige gesellschaftliche Relevanz erreichen, die eine revolutionäre Organisierung der Massen verlangt. Denn, auch das muss klar sein, die besten marxistisch-leninistischen Ansichten und Programmatiken nützen nichts, wenn die Organisierung eines bedeutenden Teiles der Arbeiterklasse auf Basis einer solchen Grundhaltung nicht gelingt.

Und so sind die Anforderungen kommunistischer Politik heute gestellt: Sie benötigt ein ideologisches Fundament, das ihr Analyse, Strategie und Ziel gibt. Sie benötigt eine Ausrichtung, die an die Arbeiterklasse adressiert ist und diese auch anspricht. Beides sind keine leichten Aufgaben, wie wir wissen. Aber wer sie nicht einmal anzunehmen gewillt ist, braucht auch nicht von Antikapitalismus und Antifaschismus reden, denn er wird über das Reden nicht hinauskommen. In diesem Sinne: Für eine kommunistische Organisierung, die die gestellten Aufgaben zu erfüllen bereit und dazu fähig ist! Denn dies wird notwendig sein, wenn sich der Faschismus nicht wiederholen soll. – Freiheit!

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