Zur Amtszeit Barack Obamas als 44. Präsident der USA
Mit 20. Januar 2017 ist die achtjährige Präsidentschaft Barack Obamas Geschichte. Fast alle Hoffnungen und Versprechen, die mit seiner Wahlkampagne 2008 und seinem Amtsantritt 2009 verbunden waren, haben sich längst als Illusionen, Mogelpackungen und banale Lügen erwiesen. Obamas politisch-historisches Vermächtnis reicht von – im besten Fall – Leerlauf bis zu fortgesetzten Verbrechen an der Menschheit. Dabei, so möchte man meinen, müsste es doch ein Leichtes sein, in einer Reihe zwischen George W. Bush und Donald Trump zu glänzen.
Obamas vorgebliches innenpolitisches Hauptziel bestand in einer Reform des Gesundheitswesens, d.h. konkret der Krankenversicherung. Dass es in den USA keine staatliche Gewährleistung einer solchen gibt und zig Millionen unversicherter Menschen keinen Zugang zu medizinischer Versorgung haben, erscheint nicht nur jedem vom Sozialismus geplagten Kubaner als zivilisationsunwürdige Rückständigkeit, sondern sorgt auch in Europa regelmäßig für verständnisloses Kopfschütteln. „Obamacare“, wie nun vorliegend, ändert daran wenig: Mit kapitalistischen Marktmechanismen sollten private (!) Minimalversicherungen ermöglicht werden, die dann freilich genau gar nichts abdecken außer vielleicht einem Heftpflaster pro Kopf und Monat. Das beschönigt die Statistik, hilft den Betroffenen aber nicht wirklich. Und sogar dieses unwirksame „Reförmchen“ wird Trump so schnell wie möglich rückgängig machen.
Wie steht es um andere Versprechen Obamas? Energiewende – gibt es nicht, besteht lediglich in heißer Luft. Wenngleich auch zwei große Schutzgebiete eingerichtet wurden, so hat Obama in Wahrheit in den letzten acht Jahren sogar neue umstrittene Öl- und Gasbohrungen in Alaska und im Golf von Mexiko genehmigt und die Förderung fossiler Brennstoffe in den USA massiv ausgeweitet. Die Verbrennungsmotor-Automobilriesen General Motors und Chrysler wurden mit zig Milliarden Steuergeld gesponsert. Bezüglich der grassierenden Energieknappheit in weiten Teilen der USA setzte Obama auf die Errichtung neuer Atomkraftwerke. Erneuerbare, ungefährliche Energien blieben im Wesentlichen Absichtserklärungen und Lippenbekenntnisse.
Finanzmarktregulierung? Bis auf kosmetische Kaschierungen Fehlanzeige. Kein Wunder, Obamas größte Wahlkampfspender waren Goldman Sachs, JP Morgan Chase, Citigroup, Morgan Stanley und – man darf schmunzeln – Lehman Brothers.
Die hoch und heilig versprochene Schließung des Sonder- und Foltergefängnisses bei Guantanamo spielt’s natürlich auch nicht. Das widerspräche auch der sonstigen Ausrichtung: Während für Folterbefehle verantwortliche Offiziere und Militärjuristen (aus der Bush-Administration) von Obama Schutz vor Strafverfolgung erhielten und die Veröffentlichung von zusätzlichen Beweisen aus Abu Ghuraib untersagt wurde, sitzt Chelsea Manning für 35 Jahre im Gefängnis. Warum? Weil sie Belege für Misshandlungen und Folter durch amerikanische Militärs im Irak des Jahres 2010 – also aus Obamas Amtszeit – dokumentiert und weitergegeben hat.
Den Irakkrieg, den Obama freilich von Bush geerbt hat, hat er keineswegs beendet. Natürlich, er hat den Großteil der US-amerikanischen Soldaten aus Mesopotamien abgezogen, somit vor der eigenen Öffentlichkeit die GI-Todesrate gesenkt. Doch die Hinterlassenschaften für die irakische Bevölkerung – im letzten Jahrzehnt um eine Million Menschen dezimiert – sind nicht nur ein zerstörtes Land und desolate Strukturen, sondern der fortgesetzte (Bürger-)Krieg, Terrorismus, Verfolgung, Flucht und der „Islamische Staat“, den es ohne die USA in dieser Form niemals gegeben hätte.
Ebenfalls fortgesetzt, ja sogar deutlich intensiviert wurde der völker- und menschenrechtswidrige „Drohnenkrieg“ durch Obama. Er bedeutet exterritoriale Tötungen von Menschen ohne Kriegszustand und ohne Gerichte, aber dafür mit quantitativ massiven Kollateralmorden. Bis zu 20% der auf das Konto von Obama gehenden Drohnentoten – insgesamt ca. 5000 Menschen – waren zweifelsfrei Zivilisten, darunter selbst Kinder, wobei auch die Kombattanten- bzw. Terroristendefinition des US-Militärs ohnedies fragwürdig, weil sehr großzügig ist. Was ist das, wenn nicht Kriegsverbrechen und Terrorismus in Reinform, zynischer Weise verübt von einem Friedensnobelpreisträger?
Was im Irak zur Katastrophe geführt hat, wurde in Libyen von Obama wiederholt – erstaunlicher Weise mit dem gleichen Ergebnis. Der Krieg gegen Syrien geht ebenso auf die interventionistische Politik der USA, ihrer NATO-Partner und ihrer regionalen autoritären Diktaturfreunde zurück, die auch z.B. im Jemen aktiv sind. In den letzten acht Jahren ließ Obama im Schnitt alle 20 Minuten irgendwo in Asien oder Afrika eine US-Bombe vom Himmel fallen. Und wem das alles zu weit weg ist: Der semifaschistische Putsch in Kiew, der ukrainische Bürgerkrieg und die Aufwiegelung der EU-Staaten gegen Russland bis hin zum drohenden großen Krieg in Europa sind ein gezieltes und bewusstes Vermächtnis der Obama-Administration. Und das ist nicht der einzige Schatten auf der vermeintlichen transatlantischen Freundschaft: Der US-Geheimdienst NSA spioniert unbehelligt gegen die EU und die deutsche Bundesregierung – aber Edward Snowden wird von den US-Behörden gnadenlos gejagt, von einem US-Präsidenten, der grundsätzlich ein Befürworter der Todesstrafe und der unbegrenzten Vorbeugehaft gegen „Geheimnisverräter“ und „Terrorverdächtige“ ist.
Zu guter letzt: Seit geraumer Zeit gab es in den USA nicht mehr so viele Fälle von rassistischer Polizeigewalt gegen Afroamerikaner, von Misshandlungen und Tötungen, wie in der zweiten Amtsperiode von Obama. Der „erste afroamerikanische Präsident“ ist eben kein Wert an sich, genauso wenig wie es die erste Frau als US-Präsidentin, der/die erste Latino/Latina, der/die erste Homosexuelle, der erste Moslem oder die erste Vegetarierin im höchsten politischen Amt der USA sein wird. Die USA sind eine hoch entwickelte bürgerliche Klassengesellschaft, die auf kapitalistischer Ausbeutung und Unterdrückung basiert – die Gegensätze verlaufen zwischen oben und unten. Man kann sie nur von unten stürzen, nicht abwählen, indem man für andere Vertreter der Oberen, der Milliardäre, Konzerne, Banken und Militärs, stimmt.
Natürlich hinterlässt Obama keine Spur von „change“, sondern eine Blutspur. Wer 2008 geglaubt hat, man stünde vor einer Wende zum Besseren, darf nun Obamas Bilanz der inneren Repression und externen Aggression zur Kenntnis nehmen – eine Bilanz der innenpolitischen Elendsverwaltung und Degradierung für die einfachen Menschen bei Profitmaximierung und Geldgeschenken für die Reichen, was Leute wie Trump erst ermöglicht; eine außenpolitische Bilanz von Krieg, Prinzipienlosigkeit, internationalen wie humanen Rechtsbrüchen, (Gegen-)Terror und Mord zugunsten der US-Konzerne und Banken, was den „IS“ & Co. ermöglicht. Auch die Obama-Politik verkörpert nun mal nichts Anderes als das barbarische Wesen des Imperialismus, den uns Obama lediglich mit freundlichem Gesicht, smartem Auftreten und schönen Worten verkauft hat. Mehr nicht.
Tibor Zenker, stv. Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs