Beitrag der Partei der Arbeit Österreichs (PdA) bei der Telekonferenz der Europäischen Kommunistischen Initiative (EKA): “Lehnt die Parteien der EU, des Kapitals und der ‘grünen’ Ausbeutung ab! Die Hoffnung auf Rettung der Umwelt ist rot!”, 14. Januar 2024.
Liebe Genossinnen und Genossen!
Seit einigen Jahren operieren das Kapital, die bürgerliche Wissenschaft und Politik mit dem Begriff vom grünen Kapitalismus. Dahinter steht eine Reihe von Innovationen und technischen Entwicklungen, die durch die Umweltkrise und zuletzt auch durch den imperialistischen Krieg in der Ukraine befeuert wurden. In allen bürgerlichen Parteien in Österreich spielt Klimapolitik eine große Rolle, zugleich bleiben die Widersprüche zwischen den Parteien weiter bestehen. In den bürgerlichen Debatten ist häufig von einem „Green New Deal“ oder einem neuen Gesellschaftsvertrag im Kontext eines „grünen“ Kapitalismus die Rede. Geht man etwas tiefer, sind es die üblichen, im bürgerlichen Diskurs propagierten, falschen Widersprüche von „Rechten vs. Demokraten“, „Sozialstaat vs. Neoliberalismus“ oder „freier Markt vs. staatliche Investitionen“. Sie haben letztlich nur den Zweck, den Widerspruch zwischen Arbeit und Kapital zu verdecken, und werden je nach Regierungsbeteiligung oder Opposition sowie gemäß Parteigeschichte mehr oder weniger betont. Diese als grundlegend präsentierten Widersprüche sind zugleich die Widersprüche zwischen den mit den bürgerlichen Parteien verbundenen Kapitalfraktionen über die Verwaltung des Kapitalismus. Sie sollen Unzufriedenheit kanalisieren und die Integration der Arbeiterkasse und der kleinen und mittleren Volksschichten in die bürgerliche Verwaltung gewährleisten.
Welche Kämpfe sich zwischen den Energiemonopolen im Hintergrund dieser Debatten abspielen, kann man durchaus auch mitverfolgen. So konnte man bereits im Jahr 2022 eine zähe Debatte in der EU darüber erleben, welche Energieformen nachhaltig und grün sein sollen. Seit 1. Jänner 2023 gelten jetzt auch Gas- und Atomkraftwerke als nachhaltig. Insbesondere Frankreichs Energiekonzerne waren treibende Kräfte einer solchen Regelung. Rund 70 Prozent des französischen Energiebedarfs werden mit Atomkraftwerken bestritten. Das heißt, die großen Monopole im französischen Energiesektor setzten bisher vor allem auf Atomkraft. Auch viele osteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten haben ein Interesse daran. Ungarn bspw. will mit russischer Unterstützung in eigene Atomkraftwerke investieren.
Für die deutschen Energiemonopole ist die Einstufung von Atomkraft von geringer Bedeutung, hat die deutsche Regierung doch schon vor Jahren den Ausstieg aus dem Atomstrom beschlossen. Für die deutschen Energiemonopole ist jedoch die Einstufung von Erdgas als Übergangsform von außerordentlicher Bedeutung, da Erdgas in der Energieversorgung eine große Rolle spielt. Eine mindestens ebenso große Rolle spielt Gas für Österreich, nicht was die Bedeutung für die Energieversorgung angeht, sondern auch die OMV betreffend. Die OMV ist ein halbstaatlicher Erdgas‑, Erdöl- und Petrochemiekonzern. Die OMV war zeitweise der größte Energiemonopolist in Teilen Mittel- und Osteuropas. Bis heute spielt die OMV in der CESEE-Region eine außerordentlich große Rolle und ist an zahlreichen Pipelineprojekten beteiligt.
Auch in der Autoindustrie gab es neue Kämpfe der Monopole um die Aufteilung der Welt vor dem Hintergrund der Energie- und Umweltkrise. Im Windschatten der „Fridays for Future“-Bewegung spielte sich ein Ringen um neue Technologien – Stichwort Elektroauto – ab. Hatte Elon Musk hier mit Tesla bis vor kurzem ein Alleinstellungsmerkmal und ein Interesse daran, die eigenen Marktanteile durch Beeinflussung der Stimmung durch Medien und politische Fraktionen zu beeinflussen, haben mittlerweile auch alte Monopolgruppen eingelenkt. Sie versuchen durch die Produktion eigener E‑Autos diesen Markt nicht alleine Tesla zu überlassen. Flankiert wird diese Auseinandersetzung durch Prämien bei Verschrottung des bisherigen Autos mit Verbrennungsmotor und dem Kauf eines E‑Autos als Ersatz. Dass es bei den Elektroautos keineswegs um die Umwelt, sondern um die Profite der Konzerne geht, zeigt schon die Vergiftung von Böden beim Lithiumabbau für die Batterien der Fahrzeuge. Auch die Debatte um Strafzölle für E‑Autos aus China in Deutschland zeugt von einem verschärften Konkurrenzkampf der Monopole um Märkte unter dem Label des „grünen“ Kapitalismus.
Der Klimawandel ist als Faktum anzuerkennen, ebenso dass er wesentlich durch den Menschen verursacht ist und dass er auf dem ganzen Planeten massive Veränderungen der Lebensumstände der Menschen mit sich bringen wird, inklusive der Zerstörung der Lebensgrundlagen zahlreicher Menschen. Ein Leugnen dieser Fakten muss von Kommunisten als unwissenschaftlich und irrational gebrandmarkt werden. Es muss aufgezeigt werden, dass diese irrationale Sicht den Interessen der Arbeiterklasse und des Volkes widerspricht und ausschließlich im Dienste bestimmter Kapitalkräfte steht.
Klimawandel ist kapitalismusgemacht
Die Charakterisierung des Klimawandels als „menschengemacht“ mag korrekt sein, sofern es bei der Ursachenbestimmung nur allgemein um den Unterschied zwischen Menschen und Natur geht. Die Kommunisten sehen diesen Unterschied und sie sehen den Menschen im Allgemeinen, aber sie bleiben nicht dabei stehen: Sie sehen auch das Besondere, welches, um der Wirklichkeit gerecht zu werden, wesentlich entlang historischer Gesellschaftsformationen bestimmt werden muss. Wer nur das Allgemeine sieht, aber nicht das Besondere, der hat einen verzerrten Blick auf die Wirklichkeit, der nur dem Kapital nützt. Die Kommunisten betonen gegen die bloß allgemeine Rede vom „menschengemachten“ Charakter des Klimawandels, dass es der Kapitalismus ist, der ihn verursacht. Die Kommunisten lassen es nicht zu, dass die Verantwortung für den Klimawandel (teilweise) der Arbeiterklasse umgehängt wird. Im Kapitalismus wird für den Profit produziert, ungeachtet aller Konsequenzen für Mensch und Natur, und so wird auch die Politik gestaltet. Gesprochen wird von Ökologie, Nachhaltigkeit und „Green New Deal“, aber das ist alles Augenwischerei.
Die österreichische Bundesregierung aus der konservativen Volkspartei (ÖVP) und der Grünen Partei bereitet unter dem Label der grünen Transformation Österreichs einer Politik der Energiearmut für die österreichische Arbeiterklasse und die kleinen und mittleren Volksschichten den Boden. Als zentrales Element dieser Regierungspolitik ist die sogenannte “ökosoziale Klimasteuer” anzusehen.
Die ökosoziale Klimasteuer zielt darauf ab, den CO2-Ausstoß zu bepreisen. Es ist eine weitere Steuer, die in erster Linie die Arbeiterklasse trifft, denn sie bezahlt die Steuer beim Betanken ihres Autos wie beim Beheizen der Wohnung. Die Regierung versucht diese als Triebfeder für Innovationen und Investitionen in die Senkung des CO2-Austoßes zu präsentieren. Tatsache ist aber, dass bei einer Mietwohnung nicht etwa der Eigentümer die CO2-Steuer für das Heizen bezahlen muss, sondern der Mieter. Dieser kann aber nichts daran ändern, wie seine Wohnung geheizt wird, sondern alternativ nur in einer kalten Wohnung sitzen. Ähnlich verhält es sich mit jenem Teil der Arbeiterklasse, der darauf angewiesen ist, mit dem Auto in die Arbeit zu fahren. Es ist die Regierung, die mit einem Mangel an kostengünstigem Wohnraum in den Ballungszentren und einer Vernachlässigung des öffentlichen Verkehrs die Zersiedelung befördert und die Menschen dazu zwingt, mit dem Auto in die Arbeit zu fahren, einkaufen zu gehen oder die Kinder von der Schule oder dem Kindergarten abzuholen. Am Ende des Jahres bekommt jeder einen Bonus aus den Einnahmen der neuen Steuer ausbezahlt. Die Höhe des Bonus orientiert sich dabei daran, wer wieviel CO2 verbraucht hat. Wer also reich genug ist, um in der neuesten Wohnung mit guter Wärmeisolierung und moderner Heizung zu wohnen und eine E‑Auto fährt, erhält am meisten zurück. Insbesondere jene Teile der Arbeiterklasse, die durch ihre niedrigen Einkommen in alten Wohnungen mit schlechten Heizungen wohnen und/oder ein altes Auto mit hohem Verbrauch fahren müssen, zahlen die höchsten Beiträge und bekommen am wenigsten aus der Steuer zurück.
Die grüne Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, Leonore Gewessler, tritt als aggressive Repräsentantin neuer Monopolgruppen auf, die auf neue als grün geltende Technologien setzen. Sie begnügt sich nicht nur mit der Abwälzung der Kosten für die vermeintliche „grüne“ Transformation auf die Arbeiterklasse und die kleinen und mittleren Volksschichten. Immer wieder tritt sie mit neuen Vorschlägen an die Öffentlichkeit. Im vergangenen Herbst versuchte sie den halbstaatlichen Energiekonzern OMV dazu zu zwingen, seine langfristigen Lieferverträge für Erdgas mit dem russischen Energiekonzern Gazprom aufzukündigen. Faktisch hätte dies einen Vertragsbruch und eine weitere Erhöhung der Energiekosten für die Menschen in Österreich zur Folge gehabt. Die Forderung der Ministerin scheiterte letztlich daran, dass eine Vertragskündigung einem Vertragsbruch gleichgekommen wäre, da reichte auch die Unterstützung der Ukraine gegen die russische Aggression als Begründung nicht aus.
Jüngste Vorschläge sind Kürzungen oder sogar die Streichung der Förderungen, die Arbeitnehmer für die Bewältigung des Weges von und zur Arbeit erhalten, sowie eine Streichung der steuerlichen Begünstigungen für Diesel.
Die Monopole erhalten gleichzeitig großzügige Förderungen zur Bewältigung erhöhter Energiekosten und für Investitionen im Rahmen der propagierten grünen Transformation. Ab 2025 soll es in Österreich ein flächendeckendes Pfandsystem auch für Einwegflaschen geben. Die Verordnung wird als Maßnahme gegen die weite Verbreitung von Plastikflaschen und Aludosen präsentiert. Alu- und Plastikmüll sollen so reduziert werden. Die Kosten für die Umrüstung bestehender Pfandautomaten müssen allerdings nicht die Handelskonzerne selbst bezahlen, sondern die übernimmt großzügig die Regierung.
Die Illusionen über die Möglichkeit einer menschenfreundlichen Steuerung des Systems, die angeblich zu einem sozial gerechteren, umweltfreundlicheren und friedlichen Kapitalismus führen würde, sind völlig zerschlagen. Die Aufrechterhaltung der Rentabilität der neuen “grünen Investitionen” und der Monopolkonzerne insgesamt erfordert eine Erhöhung des Ausbeutungsgrades der Arbeitnehmer, die Ausweitung flexibler Arbeitsverhältnisse und eine manipulierte Arbeitskraft.
Der “Green New Deal” und die Investitionen in den “digitalen Wandel” werden zwar zu einer weiteren Kapital- und Profitakkumulation führen, können aber weder die hohe Arbeitslosigkeit noch die relevante und absolute Armut verringern, weil sie nicht mit einer allgemeinen Arbeitszeitverkürzung bei gleichzeitiger Erhöhung der Arbeitseinkommen einhergehen. Die “grünen Projekte” schützen nicht nur nicht die Umwelt, da sie nicht mit entsprechenden Schutzmaßnahmen vor Naturgefahren, wie Waldbränden, Überschwemmungen und Erdbeben einhergehen, sondern sie tragen auch zur Zerstörung von Wäldern, Gebirgen und Ökosystemen bei und haben insgesamt vielfältige negative Folgen.
Die Aufgabe der Kommunistinnen und Kommunisten ist es, zu zeigen, dass das Label des „grünen“ Kapitalismus und der „grünen“ Transformation nur dazu dient, die täglich stattfindende Ausbeutung von Mensch und Natur im Kapitalismus zu verschleiern. Ein System, in dessen Mittelpunkt die Maximierung des Profits steht, kann niemals ohne die Ausbeutung von Mensch und Natur auskommen.
Sozialismus und Kommunismus hingegen stellen die Arbeiterklasse und die Befriedigung ihrer Bedürfnisse in den Mittelpunkt der Gesellschaft. In einer solchen Gesellschaft, in der die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beendet wird, gibt es auch das Potential zur Beendigung der Ausbeutung der Natur durch den Menschen. Welche Überlegenheit eine sozialistische organisierte Planwirtschaft gegenüber der anarchischen Marktwirtschaft des Kapitalismus an den Tag legt, lässt sich an einem sehr simplen Beispiel in Kuba zeigen. In Kuba wurden im Rahmen der Energierevolution bspw. im ganzen Land 2,5 Millionen Kühlschränke durch ein staatliches Programm gegen modernere und energieeffizientere Modelle ausgetauscht. Es ist die Aufgabe der Kommunistinnen und Kommunisten, die Klima- und Umweltfrage eben mit solchen handfesten und greifbaren Beispielen für die Überlegenheit des Sozialismus gegenüber dem Kapitalismus zu verknüpfen.