Mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. bzw. 9. Mai 1945 war nicht nur der Zweite Weltkrieg in Europa beendet, sondern auch der Faschismus niedergerungen. Militärisch war und ist dies ein Verdienst der Soldaten der Anti-Hitler-Koalition und mancherorts antifaschistischer Freiheitskämpfer. Die Hauptlast trug die Rote Armee der Sowjetunion, die unter immensen Verlusten und Opfern den Großteil Europas – auch jenen Österreichs – vom Faschismus befreien konnte. Am heutigen Tag und morgen ehren wir die Kämpfer gegen den Faschismus, wir gedenken der Opfer des Terrors, des Vernichtungskrieges und des Völkermordes – und wir feiern die Befreiung und den Sieg.
Ein Statement zum 8. Mai hat üblicherweise mit dem Aufruf zu enden: „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“. Das muss heute unterbleiben. Denn in der Ukraine sitzen Faschisten, die sich bewusst in die Tradition von Nazi-Kollaborateuren stellen, in einer demokratisch nicht legitimierten Regierung, faschistische Terrortruppen richten Massaker an, das Kiewer Putschregime führt Krieg gegen die eigene Bevölkerung. Die Fragen lauten nur: Wie weit wird die Faschisierung der Ukraine gehen? Und wird sich der Krieg auf andere Länder ausweiten?
Die Epoche des Faschismus ist keineswegs mit 1945 zu Ende, wie uns bürgerliche „Historiker“ und Kapitalismusfreunde gerne weismachen möchten. Das wissen wir nicht erst seit den Ereignissen in der Ukraine, sondern dies zeigte schon das Überleben der faschistischen Regierungen in Spanien und Portugal weit über 1945 hinaus oder die Errichtung neuer faschistischer Diktaturen, z.B. in Chile 1973. Der Grund dafür ist eigentlich ganz simpel: Der Faschismus war kein singulärer Betriebsunfall im Kapitalismus, sondern ist eine folgerichtige Herrschaftsform und ein zweckmäßiges Machtmittel in dessen imperialistischem Stadium. Solange dieses nicht beendet ist – und es wird erst mit der sozialistischen Revolution beendet –, wird auch die Gefahr des Faschismus wie jene des Krieges nicht gebannt sein.
Neu ist allerdings, dass der Faschismus in dieser Intensität in unserer unmittelbaren Nähe sein Haupt erhebt. Die ukrainische Grenze ist nur etwas mehr als 400 Kilometer von Wien entfernt und damit um einiges näher als jene zur Schweiz. Und in der Ukraine verbrennen Menschen, die sich vor den Faschisten in ein Gewerkschaftshaus geflüchtet haben; dort werden Antifaschisten gezielt verfolgt, misshandelt, erschossen und erschlagen; dort werden Menschen vom faschistischen Mob brutal attackiert oder gar zu Tode gequält, weil sie es wagen, im Gedenken an den Sieg im Großen Vaterländischen Krieg das Sankt-Georgs-Band zu tragen. Die von den USA und der EU hofierte Putschregierung lässt ihren faschistischen Freunden hierbei nicht nur freie Hand, sondern unterstützt sie sogar. Im „freien Westen“ nimmt man das alles nicht zur Kenntnis, die Regierungen und Medien üben sich im Totschweigen der Opfer und im Relativieren und Vertuschen der Verbrechen. Dafür konzentriert man sich umso mehr auf die Verteufelung der um ihre Rechte besorgten ukrainischen Bürger sowie insbesondere Russlands.
So weit haben wir es gebracht. Während in der Ukraine der faschistische Terror tobt, kommen von den USA, der NATO und der EU nur antirussische Hetze und Kriegstreiberei. Die Bevölkerung soll für dumm verkauft werden. Doch sie ist nicht dumm, denn immer mehr Menschen erkennen die Lügen der Herrschenden: Die Menschen wollen keinen Krieg, und viele sind auch nicht mehr bereit, die dreiste politische und Medienpropaganda zugunsten der ukrainischen Putschisten und Faschisten und gegen russische und russischsprachige Menschen zu schlucken. Fast genau 100 Jahre nach Beginn des Ersten Weltkrieges und auf den Tag genau 69 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges wissen die Menschen, dass ihr Hauptfeind keineswegs in Moskau beheimatet ist und dass keine „europäischen Werte“ verteidigt werden, wenn wehrlose Menschen brennen.
Unsere Aufgaben liegen in der Aufklärung über die Tatsachen, die Hintergründe und die wahren, eben imperialistischen Interessen des „Westens“ in der Ukraine und gegenüber Russland sowie in der Solidarität mit den Opfern und Verfolgten des faschistischen Terrors; außerdem in der Unterstützung der Antifaschisten und Demokraten in der Ukraine, der fortschrittlichen und linken Widerstandsorganisationen, darunter die Kommunistische Partei der Ukraine, die Organisation „Borotba“ oder die Union der Kommunisten der Ukraine. Und wir tun dies mit der Gewissheit, dass auch die Putschisten und Faschisten unserer Tage schließlich zu besiegen sein werden und die Ukraine befreit werden wird. Noch nicht an diesem 8. Mai, an dem die antifaschistischen Kräfte des Volkes in der Defensive sind. Doch der Tag wird kommen.
Nieder mit dem Faschismus!
Für Frieden, Demokratie und Selbstbestimmung!
Tibor Zenker, stv. Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs