Lehren der Februarkämpfe 1934

Rede von Tibor Zenker, Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs (PdA), bei der Gedenkkundgebung der PdA und der Jugendfront zum Februar 1934, Wien-Floridsdorf, 12. Februar 2023

Liebe Genossinnen und Genossen! Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten!

Ich möchte euch heute nicht die Geschichte der Februarkämpfe von 1934 erzählen, denn diese könnt ihr andernorts nachlesen. Stattdessen halte ich es für wichtig, euch einige Lehren und Schlussfolgerungen aus den damaligen Geschehnissen und ihren Hintergründen zu präsentieren.

Die Februarkämpfe 1934 und ihr Ausgang zeigen den Charakter und die Bedeutung der bürgerlichen Staatsmacht. Der Staat steht nicht neutral über den Klassen, er ist ein Unterdrückungsmittel der herrschenden Klasse, der Bourgeoisie. Der imperialistische Staat im Speziellen ist das Herrschaftsinstrument des Monopol- und Finanzkapitals. Niemand möge also glauben, dieser bürgerliche Staat wäre für die Arbeiterklasse zu instrumentalisieren und über Wahlen in einen sozialistischen Staat zu transformieren, wie es die Sozialdemokratie vor 1934 propagierte, wie es andere heute behaupten. Der bürgerliche Staat und der Kapitalismus sind lediglich auf dem Wege das Klassenkampfes und der sozialistischen Revolution zu überwinden und durch einen sozialistischen Staat, die Diktatur des Proletariats, zu ersetzen.

Im Rahmen des Imperialismus ist der Faschismus eine, eben die konsequenteste Herrschaftsform ein und desselben Monopolkapitals, das auch im bürgerlich-„demokratischen“ Parlamentarismus herrscht. Im Februar 1934 rächte sich das falsche Faschismusverständnis der Sozialdemokratie. Wer den Faschismus als zwischen den Hauptklassen der kapitalistischen Gesellschaft stehend oder als Bewegung radikalisierter Kleinbürger sieht, wird ihn auch nicht bekämpfen können. Das österreichische Beispiel zeigt außerdem, dass der Faschismus nicht unbedingt auf dem Wege rechtsextremer oder gar so genannter „rechtspopulistischer“ Bewegungen „von unten“ droht und an die Macht kommen muss, sondern dass die faschistische Diktatur letztlich seitens des bürgerlichen Staatsapparates „von oben“ eingesetzt wird, mit faschistischer Massenorganisation oder ohne eine solche. Und so geht auch heute die Gefahr einer vermehrt autoritären Politik in Österreich nicht unbedingt von der FPÖ aus, sondern seitens derer, die dieses Mittel benötigen – das sind, insbesondere in Zeiten politischer, ökonomischer und sozialer Krisen, das Kapital und seine Hauptpartei (einst die Christlichsoziale Partei, heute die ÖVP), das ist der Staatsapparat, den sich die ÖVP mit der Sozialdemokratie formell teilt.

Wenn es einen Hauptgrund für die Niederlage vom Februar 1934 gibt, so war es – ebenso wie bei der verpassten revolutionären Situation 1918 – das Fehlen einer marxistischen, revolutionären Kampfpartei, die ausreichend in der der Arbeiterklasse verankert ist. Die Sozialdemokratische Partei wollte dies nicht sein, die KPÖ konnte es – trotz ihrer Entwicklungsfortschritte in den vorangegangenen Jahren – nicht sein. Zwei Lehren sind zu ziehen: Man möge sich seitens der gegenwärtigen nominell kommunistischen Organisationen hüten, den gescheiterten Irrweg des Austromarxismus, d.h. letztlich des Revisionismus, Opportunismus und Reformismus, hinterher zu humpeln. Eine kommunistische Organisation hat nur dann einen Wert als solche, wenn sie auf dem Fundament des Marxismus-Leninismus wirkt, sich zum Klassenkampf und zur Arbeiterpolitik bekennt, wenn sie den Sozialismus nicht nur als konturloses utopistisches Fernziel ausgibt. Eine kommunistische Organisation, die sich auf der Suche nach einem illusionären neuen gesellschaftlichen Subjekt immer mehr von der Arbeiterklasse entfernt, die letzten Bastionen in der Arbeiterschaft bereitwillig preisgibt und sich mit den Grünen und Liberalen um deren Wählerklientel streiten will, hat keinen Auftrag. Sie wird somit auch – und das ist die zweite Lehre – niemals tatsächliche gesellschaftliche Relevanz, weil die Massen nicht nachhaltig erreichen. Aber, auch das muss klar sein, die besten marxistisch-leninistischen Ansichten und Programmatiken nützen nichts, wenn die Organisierung eines bedeutenden Teiles der Arbeiterklasse auf Basis einer solchen Grundhaltung nicht gelingt.

Und so sind die Anforderungen kommunistischer Politik heute gestellt: Sie benötigt ein ideologisches Fundament, das ihr Analyse, Strategie und Ziel gibt. Sie benötigt eine Ausrichtung, die an die Arbeiterklasse adressiert ist und diese auch anspricht. Beides sind keine leichten Aufgaben, wie wir selbst nur zu gut wissen. Aber wer sie nicht einmal anzunehmen gewillt ist, braucht auch nicht von Antikapitalismus und Antifaschismus reden, denn er wird über das Reden nicht hinauskommen.

Liebe Genossinnen und Genossen! Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten!

Ich möchte auch kurz auf die signifikante Symbolik unseres heutigen Gedenkortes eingehen. Der Schlingerhof, seitlich an der Brünner Straße im 21. Wiener Gemeindebezirk Floridsdorf gelegen, war ein Brennpunkt der Februarkämpfe in der österreichischen Hauptstadt.

Während es am 12. Februar in Floridsdorf noch relativ ruhig blieb (es gab lediglich begrenzte Streikmaßnahmen, so z.B. im Gaswerk Leopoldau), gingen die Arbeiter jenseits der Donau am Dienstagmorgen, am 13. Februar, als sie endlich ausreichend bewaffnet wurden, in die Offensive. Sämtliche Wachstuben des Bezirks wurden nach den ersten Angriffen der Arbeiter von der Polizei aufgegeben, die Besatzungen sammelten sich im Bezirkskommissariat, das von den Arbeitern belagert wurde. Fast der ganze Bezirk lag damit bereits in den Händen der Arbeiter, die auch den Floridsdorfer Bahnhof besetzt hatten.

Der Angriff auf das Kommissariat wurde von den Straßenbahnern unternommen, er scheiterte jedoch, da die geplante Unterstützung durch die Hauptfeuerwache ausblieb. In der Feuerwache, deren Schutzbundabteilung unter der Leitung von Georg Weissel stand, waren bereits die Waffen herbeigeschafft, als sie durch den Verrat des Wiener Branddirektors Wagner – eines sozialdemokratischen Funktionärs, wohlgemerkt – der Exekutive in die Hände fiel. Weissel wurde vom Standgericht zum Tode verurteilt und am 15. Februar hingerichtet. Trotzdem blieb die Situation der polizeilichen Regierungstruppen und der Heimwehr in Floridsdorf kritisch, weshalb das Militär in den Bezirk einmarschierte. Die Folge waren heftige Kämpfe, eines der zentralen Ziele der Bundesheerartillerie wurde der Schlingerhof. Stundenlang verteidigten die Arbeiter den Gemeindebau, doch schließlich wurden sie überwältigt und gefangengenommen. Als die rund 350 verhafteten Arbeiter zur Polizei überstellt werden sollten, wurden sie von Heimwehrangehörigen beschossen – fünf wehrlose Gefangene wurden dabei ermordet.

Mithilfe weiterer Garnisonen, deren Soldaten aus Niederösterreich anmarschierten, wurde die Schlacht um Floridsdorf bis 14. Februar zugunsten der Regierungstruppen entschieden: Das Arbeiterheim, der FAC-Hof (heute Paul Speiser-Hof) und die Gartenstadt (heute Karl Seitz-Hof) wurden durch das Bundesheer eingenommen, die kämpfenden Arbeiter zogen sich nach Norden, nach Jedlersdorf zurück. Dort errichteten sie eine neue Front, inklusive Schützengräben, die sie aber aufgrund des Artilleriebeschusses aufgeben mussten. Kurzzeitig verbarrikadierten sich die Arbeiter im Gaswerk, ehe sie kapitulierten: Der Großteil zerstreute sich, 65 Kämpfer entschlossen sich jedoch, sich nach Norden in die Tschechoslowakei durchzuschlagen. Nach einem fünfzehnstündigen Marsch passierten in der Nacht vom 14. auf den 15. Februar, einige Zeit nach Mitternacht, schließlich 47 Floridsdorfer Arbeiter die rettende Grenze.

Dort mussten sie erkennen: Vor ihnen waren schon andere angekommen, die sich auf den Weg von Wien über die Brünner Straße in die mährische Hauptstadt gemacht und bereits gemütlich eingerichtet hatten. Prominente Persönlichkeiten der sozialdemokratischen Führung hatten sich nämlich schon früher aus dem Staub gemacht und waren nach Brünn geflohen – darunter der Chefideologe Otto Bauer sowie der Schutzbund-Obmann Julius Deutsch, die beide eigentlich der angeblichen „Kampfleitung“ angehörten, aber die kämpfenden Arbeiter im Stich gelassen, ja verraten hatten. Kein Wunder, dass diejenigen Schutzbundmitglieder, die den antifaschistischen Kampf nach dem Februar 1934 nicht aufgeben wollten, diesen in weiterer Folge in den Reihen der damals marxistisch-leninistischen KPÖ fortsetzten und der Sozialdemokratie zu Tausenden den Rücken kehrten.

Und so gilt auch heute: Im konsequenten Kampf gegen den Faschismus und dessen Grundlage, den Monopolkapitalismus, braucht es eine starke marxistisch-leninistische Partei. Unsere Partei, die Partei der Arbeit Österreichs, hat die Aufgabe übernommen, diese Partei aufzubauen, und niemand wird sie uns abnehmen. Es ist unsere Pflicht, nicht zuletzt den mutigen Februarkämpfern gegenüber, den antifaschistischen Kampf und den revolutionären Klassenkampf für den Sozialismus voranzutreiben.

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