Redebeitrag von Raffael Schöberl, Sprecher der Partei der Arbeit in Oberösterreich, auf der Demonstration “Stoppt den Völkermord”, 12.10.2025 in Linz.
Liebe Freundinnen und Freunde,
die Bombardierungen des Gazastreifens sind vorerst beendet. Ein Waffenstillstand wurde vereinbart.
Nach Monaten der Vernichtung, des Hungers, der Flucht und des unermesslichen Leidens atmet ein geschundenes Volk zum ersten Mal wieder – doch von Frieden kann keine Rede sein.
Dieser Waffenstillstand ist kein Geschenk.
Er wurde nicht am Verhandlungstisch erreicht, sondern durch den Widerstand eines Volkes, das sich der Auslöschung widersetzt hat.
Er wurde erkämpft durch die Standhaftigkeit der Menschen in Gaza – Menschen, die trotz Bomben, Hunger und Zerstörung nicht aufgegeben haben.
Er wurde möglich durch die weltweite Solidarität von Millionen, die ihre Stimme erhoben haben – gegen Krieg, Kolonialismus und Unterdrückung.
Freundinnen und Freunde,
der Waffenstillstand lässt die Bomben schweigen – vorerst.
Doch der Krieg hat eines deutlich gezeigt: Israel hat versucht, Gaza zu vernichten – und ist gescheitert.
Es wollte die Bevölkerung vertreiben, die Lebensgrundlagen zerstören, das Land brechen. Aber Gaza steht noch – durch den Mut seiner Menschen.
Und was präsentiert uns der Westen?
US-Präsident Donald Trump stilisiert sich erneut zum „Friedensstifter“.
Doch was ist das für ein Frieden, wenn Israel weiterhin die Lufthoheit über Gaza behält, die Seegrenzen kontrolliert, humanitäre Hilfe blockiert und die Blockade fortsetzt?
Was ist das für ein Waffenstillstand, wenn die Menschen weiter hungern, kein Wasser, keinen Strom, keine Zukunft haben?
Die Heuchelei der imperialistischen Staaten ist grenzenlos.
Jene, die Israel seit Jahrzehnten aufrüsten, inszenieren sich plötzlich als „Vermittler“.
Doch das ist kein Friedensplan – das ist ein Diktat.
Ein Diktat über die Köpfe der Menschen in Gaza hinweg.
Die Realität in Gaza bleibt unerträglich:
Von 36 Krankenhäusern funktionieren nur noch 14 – und auch diese nur teilweise. Ganze Stadtviertel liegen in Trümmern.
Zwei Millionen Menschen sind vertrieben, ungezählt viele wurden getötet. Wer überlebt, hungert, leidet, trauert.
Und die Welt? Sie schweigt – oder applaudiert, weil ein Stück Papier unterschrieben wurde, das den Tätern ihre blutigen Hände wäscht.
Mit einem Waffenstillstand allein ist nichts gelöst.
Solange die Blockade besteht, solange Israel über Wasser, Nahrung und Medikamente bestimmt, solange Panzer in Rafah und Khan Younis stehen, solange Siedler im Westjordanland Menschen vertreiben, bleibt die sogenannte „Ruhe“ eine Illusion.
Wer wirklich Frieden will, muss die Ursachen des Krieges beseitigen:
- die Besatzung,
- die Apartheid,
- die Blockade.
Frieden kann nicht existieren, solange Millionen Palästinenserinnen und Palästinenser unter militärischer Verwaltung, Enteignung und Entrechtung leben.
Es braucht den vollständigen Abzug aller israelischen Truppen aus dem Gazastreifen.
Es braucht ungehinderte humanitäre Hilfe.
Es braucht das Ende der Siedlergewalt im Westjordanland, das Ende der Hauszerstörungen, Verhaftungen und Folter.
Dieser Krieg hat eines gezeigt, was viele nicht hören wollen:
Solange das palästinensische Volk seines Rechts auf Freiheit, Unabhängigkeit und einen eigenen Staat beraubt wird, wird es keinen dauerhaften Frieden geben – nicht in Gaza, nicht im Westjordanland, nicht in der Region.
Ein gerechter Frieden kann nur auf Grundlage des Völkerrechts entstehen – durch die Errichtung eines unabhängigen palästinensischen Staates. Alles andere ist Augenwischerei.
Doch dieser Waffenstillstand zeigt auch:
Die Vernichtung Gazas ist gescheitert.
Der Widerstand eines Volkes, das nichts mehr zu verlieren hat, hat sich als stärker erwiesen als Panzer, Raketen und Drohnen.
Freundinnen und Freunde,
dieser Krieg fiel nicht vom Himmel. Er ist das Ergebnis jahrzehntelanger kolonialer Unterdrückung:
von Okkupation, Landraub, ethnischer Säuberung, Apartheid, Annexion und Siedlergewalt.
Seit Generationen leben Palästinenserinnen und Palästinenser unter militärischer Besatzung, systematischer Entrechtung und permanenter Gewalt.
In jedem imperialistischen Projekt gibt es Täter – und es gibt Opfer.
In Palästina ist diese Rollenverteilung eindeutig:
Es gibt eine Besatzungsmacht – und ein unterdrücktes Volk, das um Würde, Rechte und Freiheit kämpft.
Und was tut Österreich?
Unsere Bundesregierung reiht sich willig in die imperialistische Maschinerie ein. Sie redet von „Neutralität“, stimmt aber im Gleichschritt mit den Kriegstreibern in Brüssel und Washington ab.
Sie ruft nach Aufrüstung, nach Militarisierung, nach „Kriegstauglichkeit“ – während Schulen geschlossen, Spitäler kaputtgespart und Pensionen gekürzt werden.
Für Bomben ist immer Geld da – für das Leben nie.
Das ist die Klassenlogik des Imperialismus: Wir müssen zahlen, die Konzerne kassieren. Die Menschen sterben – die Banken verdienen.
Doch die internationale Solidarität lebt.
Millionen Menschen sind in den letzten Monaten auf allen Kontinenten auf die Straße gegangen. Sie haben sich nicht täuschen lassen von der Propaganda der Mächtigen. Sie haben die Wahrheit ausgesprochen:
Dass dies kein „Verteidigungskrieg“ ist, sondern ein Vernichtungskrieg – und dass Widerstand gegen Unterdrückung kein Verbrechen, sondern ein Recht ist.
Liebe Freundinnen und Freunde,
dieser Waffenstillstand ist nur eine Atempause.
Er kann ein Anfang sein – oder der Auftakt zu neuen Angriffen, wenn die Herrschenden sich wieder stark genug fühlen.
Es liegt an uns, diese Pause zu nutzen, um den Druck zu erhöhen: politisch, ökonomisch, gesellschaftlich.
Wir fordern:
- den vollständigen Abzug aller israelischen Truppen aus Gaza,
- die sofortige Aufhebung der Blockade,
- die freie Einreise aller humanitären Hilfsgüter,
- ein Ende der Siedlergewalt und der Besatzung im Westjordanland,
- die Anerkennung eines souveränen palästinensischen Staates in den Grenzen von 1967.
Freundinnen und Freunde,
dieser Waffenstillstand beweist: Unterdrückung währt nicht ewig.
Aber er erinnert uns auch daran: Der Imperialismus gibt nicht auf, solange er nicht besiegt ist. Die westlichen Mächte werden weiter versuchen, diesen Konflikt zu „managen“ – so, dass die Machtverhältnisse unangetastet bleiben.
Doch ein Frieden, der auf Ungerechtigkeit beruht, ist kein Frieden.
Darum sagen wir:
Der Kampf geht weiter – für Freiheit, für Gerechtigkeit, für das Ende der Besatzung.
Nicht im Namen der Mächtigen,
sondern im Namen der Menschlichkeit.
Freiheit für Palästina!
Schluss mit der Blockade!
Hoch die internationale Solidarität!