Karl Marx und die revolutionäre Partei der Arbeiterklasse heute

Einige Überlegungen von Otto Bruckner, Vorsitzender der Partei der Arbeit Österreichs (PdA) anlässlich des 200. Geburtstags von Karl Marx zum Zustand der kommunistischen Bewegung in Österreich

Der wichtigste Jahrestag in diesem an runden Jubiläen reichen Jahr 2018 ist der 200. Geburtstag von Karl Marx. Lenin schrieb: „Das wichtigste an der Marx‘schen Lehre ist die Klarstellung der weltgeschichtlichen Rolle des Proletariats als Schöpfer der sozialistischen Gesellschaft“ (Lenin, Werke 18/567). Bereits im „Kommunistischen Manifest“ fasste Marx zusammen, was die Besonderheit der Klasse des Proletariats ausmacht: „Das Proletariat, die unterste Schicht der jetzigen Gesellschaft, kann sich nicht erheben, nicht aufrichten, ohne dass der ganze Überbau der Schichten, die die offizielle Gesellschaft bilden, in die Luft gesprengt wird“. Es ist ja nicht so, dass Marx den Klassenkampf erfunden hätte, aber „Was ich neu tat“ schrieb er, „war,

1. Nachzuweisen, daß die Existenz der Klassen bloß an bestimmte historische Entwicklungsphasen der Produktion gebunden ist:

2. Daß der Klassenkampf notwendig zur Diktatur des Proletariats führt;

3. Daß diese Diktatur selbst nur den Übergang zur Aufhebung der Klassen und zu einer klassenlosen Gesellschaft bildet.“

(MEW 28/507)

Es gibt nichts, vor dem die Herrschenden mehr zittern, als dass die Arbeiterklasse sich ihrer Kräfte, ihres gesellschaftsüberwindenen Potentials bewusst wird. Deshalb ist die Geschichte seit dem Wirken von Karl Marx eine ständige Auseinandersetzung darum, den „Marxismus“ vor seinen Verfälschern zu schützen. Das entscheidenste dabei ist, dass Marx und Engels die Unentbehrlichkeit einer gegenüber allen bürgerlichen Parteien völlig selbständigen Partei der Arbeiterklasse als Bedingung für die Selbstbefreiung der Klasse des Proletariats festgehalten haben.

Das ist das Fundament, auf dem eine kommunistische Arbeiterpartei zu stehen hat. Sie soll nicht ein wenig links, ein wenig dies und ein wenig das sein, sondern sie soll und muss eine kompromisslose Klassenpartei des Proletariats sein. Auf dem 28. Parteitag der KPÖ im Jahr 1991 fasste der jahrzehntelange Chefideologe der KPÖ, Ernst Wimmer, seine Befürchtung, wohin die KP in Österreich abdriften wird, so zusammen: 

„Dass es einen Marxismus mit neuen Erkenntnissen, Methoden und Kriterien so lange geben wird, als es Kapitalismus geben wird und darüber hinaus, das steht für mich außer Frage. Aber ob es eine marxistische Partei, eine Partei kommunistischen Typs in den nächsten Jahren geben wird, das ist leider für mich nicht so sicher.“

(Zit. Nach Wikipedia, Ernst Wimmer)

Wie recht er mit dieser Befürchtung behalten sollte, ist heute an den politischen und ideologischen Kapriolen der KPÖ zu sehen.

Daraus entstand die Notwendigkeit, und das nach hartem innerparteilichem Kampf, der jedoch aufgrund der Tricks des Apparats nicht zu gewinnen war, eine eigenständige Formation aufzubauen. Aus der „Kommunistischen Initiative zur Erneuerung der KPÖ“, deren Sprecher Werner Murgg und ich waren und so auch ein Bündnis zwischen der KPÖ-Steiermark und den Marxisten-Leninisten in den anderen Bundesländern symbolisierten, ging schließlich die „Kommunistische Initiative“, eine eigenständige Formation außerhalb der KPÖ hervor, die wir 2005 gründeten. Bewusst noch nicht als Partei, weil wir die weitere Entwicklung abwarten wollten.

Am 12. Oktober 2013 schließlich gründeten wir, GenossInnen aus der vorherigen Kommunistischen Initiative, aus KJÖ und KSV, aber auch bis dahin unorganisierten KommunistInnen, die Partei der Arbeit, nicht zuletzt auch aus dem Grund, weil es klar war, dass eine vollkommen eigenständige Partei notwendig ist, und diese nicht anders, als durch eine Neugründung geschaffen werden kann. Das ist der schwierigste Weg, dessen waren wir uns bewusst. Während beispielsweise die KPÖ noch immer von den üppigen finanziellen Mitteln zehrt, die ihnen der Handel von Treuhändern, meist gestählte Kommunisten aus dem Widerstand, im Handel mit den von der KPÖ heute als „stalinistisch“ denunzierten sozialistischen Staaten beschert hat, wurde und wird unsere Partei von Null weg aufgebaut. Kein einziger Genosse und keine Genossin kann für die politische Arbeit bezahlt werden, und die Mittel für die Herausgabe der AZ, für die Erhaltung unseres Lokals und alle anderen Tätigkeiten werden ausschließlich durch Mitgliedsbeiträge und Spenden aufgebracht.

Die Gründung von Null weg wurde in unserer Gründungs- und Grundsatzerklärung so beschrieben: „Dieser formelle Akt steht nicht isoliert da: Er wurde zuvor theoretisch und praktisch ausführlich vorbereitet. Er verlangt danach selbstredend den weiteren gezielten strukturellen Auf- und Ausbau der Parteiorganisationen, die Entfaltung umfassender Tätigkeiten und Aktivitäten sowie die ständige Auseinandersetzung mit der Analyse, Strategie und politischen Praxis der PdA. Es versteht sich von selbst, dass eine neue revolutionäre Partei der Arbeiterklasse nicht per Deklaration zu einer solchen wird, sondern dass sie sich durch konsequente Arbeit in und mit der Klasse, durch aufrichtige Teilnahme an ihren Kämpfen, durch ehrliche Interaktion mit den Massen entwickeln wird und muss.“

Nach fünf Jahren des Bestehens der PdA wissen wir, dass unsere Erfolge im Aufbau noch sehr bescheiden sind. Das liegt zum einen an den oben beschriebenen, sehr eingeengten finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten, zum anderen aber auch an subjektiven Faktoren, an deren Überwindung wir arbeiten.

Wenn wir heute von der 100-jährigen Geschichte des parteiförmigen Kommunismus sprechen, so ist zu sagen, dass diese Geschichte voll ist von großartigen Kapiteln ihrer Geschichte, wie dem Widerstand gegen den grünen und braunen Faschismus, aber auch davon, jahrzehntelang an der Seite der Werktätigen gekämpft zu haben.

Damit ist die KPÖ von heute nicht vergleichbar. Sie ist weder eine marxistisch-leninistische, noch eine Klassenpartei. Sie ist eine linke Allerweltspartei ohne ideologischen Kompass. Das trifft so freilich nicht auf ihre steirische Landesorganisation zu, die sich durch jahrzehntelanges Engagement für die Rechte der unteren Schichten der Gesellschaft große Anerkennung erarbeitet hat, was sich auch in beachtlichen Wahlerfolgen niederschlägt. Jedoch ist auch die steirische KPÖ keine marxistisch-leninistische Partei, sondern de facto und de jure eine Landesorganisation der KPÖ, die im Ernstfall den Beschlüssen, dem Programm und Statut der Bundespartei unterworfen ist. Die marxistisch-leninistischen Kräfte, die es in der Steiermark und vereinzelt auch in anderen Bundesländern in der KPÖ gibt, sind für uns aber ebenso wichtige Partner und Genossen im Klassenkampf, wie etliche aufrichtige und klassenorientierte GewerkschafterInnen und Werktätige, die in KPÖ und GLB organisiert sind.

Es gibt aber in Österreich nur eine marxistisch-leninistische Formation, und das ist die Partei der Arbeit. Dieses Alleinstellungsmerkmal ist kein Orden an der Brust, und auch keine Feder am Hut, sondern ein Anspruch den wir uns stets auf Neue erarbeiten müssen. Wir müssen selbst die größten Kritiker unserer Halbheiten und Schwächen sein, wenngleich das in einem Geist der Solidarität geschehen sollte, und mit dem konstruktiven Anspruch, vorwärts zu treiben. So schwach, wie die revolutionären Tendenzen im Proletariat heutzutage sind, so schwach ist auch die marxistisch-leninistische Partei noch. Aber wir sind da, und wir bleiben. Wir sind die Partei des Kampfes um die kleinen Verbesserungen im Leben der Werktätigen ebenso, wie die Partei der sozialistischen Revolution, wir sind der Aufklärung und der Dialektik verpflichtet, dem wissenschaftlichen Sozialismus ebenso, wie seiner schöpferischen Weiterentwicklung. Wir sind Erbe und Fortsetzerin der besten Traditionen der österreichischen Geschichte, der Bauernkämpfe, der bürgerlichen Revolution von 1848, der Roten Garde und der ersten Kommunisten in diesem Land; wir setzen den Kampf der großartigsten Kämpfer fort, die unser Land je hervorgebracht hat, der Kämpferinnen und Kämpfer des Februar 1934, der österreichischen Freiwilligen, die an der Seite der spanischen Republik kämpften, der antifaschistischen Widerstandskämpfer und Partisanen, der vielen einfachen Kommunisten, die auch im kalten Krieg die rote Fahne hochhielten und kämpften. Wir ehren ihr Vermächtnis und wir sehen es als Auftrag. Wir bewahren ihr Andenken für künftige Generationen und schützen es vor Denunziation und Verleumdung. 

Die marxistisch-leninistische Partei, die Partei der Arbeit Österreichs wird wachsen in den Kämpfen an der Seite der Arbeiterklasse und der fortschrittlichsten Kräfte. Wir werden uns nicht auflösen in diesem oder jenem, das sich gerade ein wenig bewegt. Wir sind nicht der Ansicht, dass die bloße Addierung linker Kräfte mehr Stärke verleiht. Ganz im Gegenteil führt das nicht selten zu einer Abgehobenheit im Diskurs, zu Streitereien über Wichtiges, Richtiges und Nichtiges, zu Arroganz und Überheblichkeit gegenüber den einfachen Menschen. 

Was die Arbeiterbewegung betrifft, so hat die Trennung in einen reformistischen und einen revolutionären Flügel objektive Ursachen, die im Rahmen des Kapitalismus nicht überwunden werden können, da die Gegensätze zu groß sind. Klassenkollaboration und Klassenkampf schließen sich aus. Das ändert aber nichts an der Notwendigkeit, im Kampf gegen das Kapital und gegen die Reaktion die größtmögliche Einheit anzustreben. Wir sind für Aktionseinheiten und Bündnisse in konkreten Fragen und ohne ideologische Vorbedingungen. Für uns ist die Bemühung um Einheit, um die Herstellung größtmöglicher Schlagkraft im Kampf untrennbar verbunden mit der Enthüllung der entscheidenden gesellschaftlichen Zusammenhänge. Unser Ziel ist es auch – und daraus machen wir kein Hehl – die Kräfteverhältnisse zwischen reformistischen und revolutionären Kräften zu verschieben, da der Reformismus, ob er nun in sozialdemokratischer oder pseudokommunistischer Form daherkommt ein Betrug an den arbeitenden Menschen und der Menschheit insgesamt ist. Er redet ihnen ein, der Kapitalismus müsse nur schöner, sozialer und ökologischer gemacht werden, dann wäre alles in Ordnung. Jede und jeder kann aber heute sehen, dass dies eine große Lüge ist, denn wieder und in dramatisch neuer Qualität steht die Menschheit vor der Frage: Sozialismus oder Barbarei!

Unsere engsten Verbündeten in diesem Kampf sind die von uns mitbegründete kämpferische Gewerkschaftsorganisation KOMintern, die KJÖ und der KSV.

Karl Marx hat mit seinen Schriften und seinem Wirken den Grundstein gelegt für eine sozialistische Welt, die es noch zu erkämpfen gilt. Der unsterbliche Frühsozialismus, allen voran die Sowjetunion, Siegerin über Faschismus und Reaktion, war ein erster Schritt dahin, und ist es in Kuba und anderen Ländern immer noch.

Wer den ganzen Marx ehren will, wird nicht umhin kommen, den Revolutionär in ihm zu würdigen. Für uns Kommunistinnen und Kommunisten ist er nicht nur ein großer Philosoph, Ökonom und Universalgelehrter, für uns ist der der Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus ebenso wie der Revolutionstheorie. Deshalb ist er unsterblich.

(Auszug aus dem Referat des Parteivorsitzenden Otto Bruckner auf dem 3. Parteitag der Partei der Arbeit Österreichs)
 

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